Doch Wildschadensersatz für Bioenergiemais!

Das AG Rockenhausen hat mit Urteil vom 02.08.2016 (2 C 652/15) einem Landwirt einen Anspruch auf Wildschadensersatz nach einem Wildschaden auf der zur Jagdnutzung verpachteten landwirtschaftlichen Fläche zugesprochen, auch wenn der dort angebaute Mais später zum Betrieb einer Biogasanlage verwendet wird.

Zuvor hatte das AG Plettenberg in seinem Urteil vom 15.12.2014 (1 C 425/13) entschieden, dass der Maisanbau zum Betrieb einer Biogasanlage keine landwirtschaftliche, sondern eine gewerbliche Nutzung darstelle. Die Nutzung des angebauten Mais falle somit nicht unter den Begriff der Landwirtschaft. Vor diesem Hintergrund sei ein Wildschaden nicht erstattungsfähig. Dafür müsse der Schwerpunkt und der spätere Verwendungszweck des Maisanbaus in der Fütterung der Tiere und nicht im Betrieb der Anlage liegen.

Das AG Rockenhausen betrachtet den Mais in seiner Entscheidung anders. Weder liege eine „Sonderkultur“ im Rahmen des abgeschlossenen Landpachtvertrages vor, noch sei der spätere Verwendungs- oder Veräußerungszweck der erzeugten Produkte für eine Beurteilung des Schadensersatzanspruchs relevant. Das Gericht wirft dem AG Plettenberg vor, den üblichen Sinn der Einschränkung des Schadensersatzanspruchs verkannt zu haben. So sei der Begriff der Landwirtschaft falsch definiert worden. Landwirtschaft sei nach Auffassung des AG die Urproduktion von landwirtschaftlichen Pflanzen mit der zielgerichteten Herstellung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse auf der zu diesem Zweck bewirtschafteten Fläche. Für die Einstufung als landwirtschaftliche Urproduktion komme es zwar auf den gesamten Betrieb und dessen Schwerpunkt, nicht aber auf den späteren Verwendungszweck des angebauten Produkts an. Es mache keinen Unterschied, ob der Landwirt den Mais in einer Biogasanlage verwende oder an Dritte veräußere oder zur eigenen Tierfütterung nutze. Das Gericht stellt klar, dass für die Beurteilung des Schadensersatzanspruches die Absicht und der wirtschaftliche Erwerb des Landwirts nicht entscheidend sind.

Die Entscheidung hat weitreichende Folgen, da das AG Rockenhausen den Wildschaden nunmehr in allen Fällen als gleich ansieht. Für Landwirte bedeutet dies – so Dr. Kauch, Fachanwältin für Agrarrecht aus Lüdinghausen – , dass diese künftig alle Wildschäden an landwirtschaftlichen Produkten – auch diejenigen Produkte zu einem anderen Verwendungszweck als zur eigenen Tierfütterung – auf ihren verpachteten Flächen gegenüber dem Jagdpächter geltend machen können und ihr Minderertrag insofern vollumfänglich erstattungsfähig ist. Für die Erstattung des Wildschadens kommt es ausschließlich darauf an, ob die Fläche landwirtschaftlich genutzt wurde, nicht aber auf die spätere, endgültige Verwendung des landwirtschaftlichen Produktes.