Die Aufgaben im Falle eines Vorkommnisses sind im Gesetz eindeutig verteilt
Zunächst einmal ist festzustellen, dass der Begriff Vorkommnis im Gesetz selbst nicht definiert ist. Aus dem Zusammenhang, in dem der Begriff benutzt wird, kann man schließen, dass es sich dabei um ein Ereignis handeln muss, bei dem der Verlauf der gentechnischen Arbeit oder der Freisetzung nicht dem erwarteten Verlauf entspricht und bei dem der Verdacht einer Gefährdung der in § 1 GenTG geschützten Rechtsgüter besteht. Alleine eine Abweichung vom erwarteten Verlauf reicht insofern nicht. Es muss zusätzlich der Verdacht einer Gefährdung von Mensch, Umwelt, Tieren, Pflanzen oder Sachgütern gegeben sein. Ob eine Abweichung vom erwarteten Verlauf vorliegt, ist anhand der erstellten Unterlagen wie der Risikobewertung, den Aufzeichnungen, und den Anzeige-, Anmelde- oder Genehmigungsunterlagen festzustellen. Bei Abweichungen im Verlauf der Arbeit, die Einfluss auf die Sicherheitsvorkehrungen haben können, wird man deshalb von einem Vorkommnis auszugehen haben. Als Beispiel für ein solches Vorkommnis wird vom von der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Gentechnik ausgeführt, dass ein mit GVO infiziertes Tier aus seinem Käfig ausbricht, in der Anlage verbleibt, dort aber einen Schaden verursacht. Achtung: ein Vorkommnis darf nicht verwechselt werden mit einem Notfall oder einem Unfall in einer gentechnischen Anlage. Ein Unfall liegt erst bei einem Vorkommnis vor, dass ein vom Betreiber nicht beabsichtigtes Entweichen gentechnisch veränderter Organismen in bedeutendem Umfang aus der gentechnischen Anlage mit sich bringt und zu einer Gefahr für die geschützten Rechtsgüter führen kann (§ 2 GenTNotfV). Ein Vorkommnis liegt deutlich unterhalb dieser Schwelle und setzt ein Entweichen aus der Anlage gerade nicht voraus.
Für den Projektleiter regelt § 14 Abs. 1 Nr. 8 GenTSV, dass dieser dem Betreiber unverzüglich jedes Vorkommnis anzuzeigen hat. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern; kurz gesagt: zur Kenntnis nehmen und umsetzen. Eine Vorschrift, wonach das Vorkommnis auch dem BBS mitzuteilen ist, besteht in dieser Form nicht. Ein Sanktionsrisiko für den Projektleiter besteht nicht.
Für den Betreiber wiederum ist in § 21 Abs. 3 GenTG geregelt, dass er der Genehmigungsbehörde – in Nordrhein-Westfalen also nicht der Überwachungsbehörde – unverzüglich jedes Vorkommnis mitzuteilen hat, das nicht dem erwarteten Verlauf der gentechnischen Arbeit oder der Freisetzung oder des Inverkehrbringens entspricht und bei dem der Verdacht einer Gefährdung der geschützten Rechtsgüter besteht. Dabei hat er alle für die Sicherheitsbewertung notwendigen Information sowie geplante oder getroffene Notfallmaßnahmen mitzuteilen (§ 21 Abs. 3 S. 2 GenTG).
Diesen Text finden Sie auch auf der Homepage der AGCT.