Besondere Probleme bereiten die TA-Luft und die uneinheitliche Rechtsprechung
Wegen der hohen Umweltschutzanforderungen ist gerade die Umsetzung von Tierwohlställen in der Praxis ein großes Problem. Es stellt sich zunehmend die Frage, ob der Umweltschutz den Tierschutz ausbremst. Zum Wohl der Tiere wird mehr Platz sowie eine bessere Belüftung der Ställe gefordert. Gleichzeitig führt dies unvermeidbar zu mehr Emissionen sowie zu Beeinträchtigungen des Nahbereichs um den Stall. Eine Genehmigung solcher Um- oder Neubauten scheitert zumeist an den umliegenden Nachbarn sowie sich im Nahbereich befindlicher besonders schützenswerter Natur.
Wegen dieser Konflikte und zur Anpassung an europarechtliche Vorgaben ist die TA-Luft in den letzten Jahren mehrfach überarbeitet worden. Sie dient als Verwaltungsvorschrift im Bereich der Geruchsimmissionen als Leitfaden sowohl für das Baugenehmigungsverfahren kleiner Ställe, als auch größerer Ställe, die unter das BImSchG fallen. Auch für einen Stall unterhalb der BImSchG-Grenze sind Prognoseberechnungen und Prüfungen zur Vorbelastung des Stalls sowie Abstandsberechnungen nach der TA-Luft notwendig.
Nun liegt ein neuer Entwurf der TA-Luft vor, der auch ein Planspiel des Düsseldorfer Landwirtschaftsministeriums zur Grundlage hatte. Das Planspiel hat gezeigt, dass die jetzige TA-Luft in vielen Formulierungen und Regelungen nicht eindeutig ist und die Anforderungen an Immissions- und Naturschutzrecht in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind. Damit hat sich die Planungsunsicherheit der Landwirte erhöht. Im Vorfeld eines Genehmigungsverfahrens ist es kaum mehr möglich, durch Gutachten die Genehmigungsfähigkeit des Standortes festzustellen.
Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei die Einstufung eines bestimmten Gebietes als Biotop oder FFH-Gebiet ein. Dann gilt ein besonderer Schutzstatus, der eine Baugenehmigung nahezu ausschließt oder erhöhte Anforderungen an sie stellt. Entscheidend ist dabei die zusätzliche Stickstoffkonzentration in diesem Gebiet. Die einzuhaltenden Grenzwerte sind dabei nicht im Naturschutzgesetz geregelt, sondern Ausklang richterlicher Rechtsprechung. Diese Grenzwerte sind nicht einheitlich und starr, sondern unterscheiden sich nach der Art des jeweiligen Gebietes und bilden nur einen Wertebereich, der gutachterlich schwer einzuordnen ist. Dennoch sind diese Richtwerte bei Behörden und Gerichten in gängiger Praxis anerkannt. Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht gerade entschieden, dass FFH-Gebiete ab einer Belastung von 0,3 kg Stickstoff/ha/Jahr betroffen sein können.
Speziell die Genehmigung von Außenklimaställen wird in der Praxis häufig versagt. Dabei bereiten fehlende Emissionsfaktoren den Gutachtern und Genehmigungsbehörden Probleme, weswegen die Behörden zur Vermeidung etwaiger Klageverfahren von Anwohnern oder Umweltverbänden dazu übergegangen sind, die hohen Emissionsfaktoren grundlegend zu verwenden.
Der neue Entwurf der TA-Luft sieht dabei für Tierwohlställe Ausnahmeregelungen vor, die möglicherweise die Situation verbessern könnten. Diese Ausnahmen wirken jedoch nach jetzigem Stand des Entwurfes nur bei BImSchG-Anlagen und auch nur für den Vorsorgeteil der TA-Luft, bei dem es um technische Anforderungen, wie eine Abluftreinigung oder Güllekühlung geht. Bei Schutz von Anwohnern und Nachbarn greift die Ausnahmeregelung gerade nicht ein, dort besteht weiterhin kein Spielraum. In Bezug auf die Vermeidung von Klageverfahren ist den Landwirten bei Außenklimaställen geraten, den Standort bewusst zu wählen. Die Landwirte sollten im Vorfeld absichern, dass der Standort genügend Freiraum zu anliegenden Nachbarn und im Nahbereich befindlicher besonders geschützter Natur bietet und mögliche Pufferzonen einplanen.
Eine exakte Planung des Stalls, insbesondere in Bezug auf den Standort, ist auch bei Umbauten von großer Bedeutung. Der Umbau eines Stalls wird nur nach den aktuellen Maßstäben genehmigt. Bei Umbauten ergeben sich aus Richtlinien und Grenzwerten neue Anforderungen, die von den der ursprünglichen Baugenehmigung zugrundgelegten Anforderungen durchaus erheblich abweichen können. Beispiele sind die Neuausweisung eines bisher nicht bestehenden FFH-Gebietes, heranrückende Wohnbebauung oder eine Stallvergrößerung des Nachbarn, die sich auf den eigenen Planungsstandort negativ auswirkt. Der Entwurf der TA-Luft sieht in seinen rechtlichen Anforderungen an die Landwirte weitere einzuhaltende Grenzwerte vor. Weder eine vorhandene Bau- noch BImSchG-Genehmigung bietet einen Bestandsschutz, sobald eine Veränderung am Gebäude vorgenommen wird.