Vorläufige Anordnung des Besitz- und Nutzungsentzugs nach § 36 Abs. 1 S. 1 FlurbG bei Vorliegen zwingender Gründe möglich
Im Rahmen des eingeleiteten Flurbereinigungsverfahrens Sundern-Hachen wurde am 07.09.2017 ein Wege- und Gewässerplan genehmigt. Im Anschluss daran bemühte sich die Flurbereinigungsbehörde vergeblich um das Einverständnis eines Teilnehmers. Dieser blockierte als Eigentümer des Waldes den Bau des 3,4 km langen neuen Weges. Jegliche Abfindungsverhandlungen scheiterten.
Daraufhin erließ die Flurbereinigungsbehörde nach § 36 Abs. 1 S. 1 FlurbG nach vorheriger Anhörung des Teilnehmers eine vorläufige Anordnung, mittels derer sie ihm Besitz und Nutzung des Waldes entzog. Die übrige Teilnehmergemeinschaft konnte somit mit dem Vorausbau der im Wege- und Gewässerplan geplanten Anlagen beginnen, ohne die Ausführung des Gesamtflurbereinigungsplans abwarten zu müssen.
Mit Beschluss vom 26.03.2018 – 9a B 196/18.G – hat das OVG NRW diese strikte Entzugsanordnung bestätigt. Es lägen dringende Gründe für einen Sofortvollzug vor, die die rechtliche Zulässigkeit der Anordnung hervorriefen. Das öffentliche und das besondere Interesse der übrigen am Flurbereinigungsverfahren Beteiligten an der sofortigen Vollziehung des Wege- und Gewässerplans überwiege das Interesse des einzelnen Teilnehmers an dessen Aussetzung der Vollziehung.
Dringende Gründe für eine solche Anordnung ergäben sich aus § 1, 37 Abs. 1 FlurbG. Danach hat die Flurbereinigungsbehörde Wege und andere gemeinschaftliche Anlagen zu schaffen, durch welche die Grundlage der Wirtschaftsbetriebe verbessert, der Arbeitsaufwand vermindert und die Bewirtschaftung erleichtert werden. § 42 Abs. 1 S. 2 FlurbG sieht dabei vor, dass entsprechende Anlagen schon vor Ausführung des Flurbereinigungsplans gebaut werden können, soweit der Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan für sie festgestellt ist. Die Vorschriften dienten insgesamt der Beschleunigung des Flurbereinigungsverfahrens insbesondere in Bezug auf die Aufstellung und den Vorausbau eines Wege- und Gewässerplans.
Der frühe Ausbau des Wegenetzes zur Vermeidung von Bewirtschaftungsnachteilen im Flurbereinigungsverfahren Sundern-Hachen allein stelle allerdings keinen dringenden Grund dar. Vielmehr seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 14.11.2012, – 9 C 13.11 –) darüber hinaus „weitere Gründe“ im zugrundeliegenden Einzelfall notwendig. Diese liegen im Flurbereinigungsverfahren Sundern-Hachen darin, dass über die Verbesserung der Agrarstruktur hinaus der angestrebte Vorausbau den zielgerichteten Einsatz der zur Verfügung gestellten öffentlichen Finanzierungsmittel ermögliche. Die einheitliche Durchführung solcher Baumaßnahmen sei für die Teilnehmergemeinschaft in der Regel kostengünstiger. Die vorläufige Anordnung sei daher schon aus Gründen der Planungssicherheit rechtmäßig.