Zur Verfassungsmäßigkeit der Zusatzabgabenverordnung

Mit Urteil vom 16.09.2004 hat das Bundesverwaltungsgericht jetzt ein weiteres Mal zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zusatzabgabenverordnung Stellung genommen. Dies, nachdem das Bundesverwaltungsgericht bereits mit Urteil vom 20.04.2004 zur Frage des Zitiergebots Stellung genommen hatte.

Im konkreten Fall war eine Milch-Referenzmenge bis zum 31.03.2000 flächenlos verpachtet worden. Nach Ablauf der Pachtzeit verzichtete der Pächter darauf, die Referenzmenge zu übernehmen. Das Amt hat dem Verpächter die Rückgewähr der Referenzmenge bescheinigt und 33 % zugunsten der Landesreserve eingezogen. Gegen den 33 %-igen Abzug war der Verpächter zunächst im Widerspruchsverfahren und alsdann im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgegangen. Er hatte gerügt, der 33 %-ige Abzug gem. § 12 Abs. 2 ZAbgV sei mit Europäischem Gemeinschaftsrecht und nationalem Verfassungsrecht, namentlich mit Art. 80 Abs. 1, Art. 14 und Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren. In zweiter Instanz hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zwar erhebliche Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des Abzugs geäußert. Eine solche belastende Regelung habe an sich nicht vom Verordnungsgeber getroffen werden dürfen. Vielmehr wäre es Aufgabe des Gesetzgebers gewesen, im Marktorganisationsgesetz den Rahmen für eine solche belastende Regelung vorzugeben. Gleichwohl sei die Zusatzabgabenverordnung als Grundlage für das Abgabenrecht aufrecht zu erhalten, damit nicht ein rechtsloser Zustand eintrete. Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht jetzt zurückgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht führt dazu aus, nach europarechtlichen Vorgaben könnten die Mitgliedstaaten beschließen, ob und unter welchen Bedingungen Referenzmengen, die aufgrund von Pachtverträgen übertragen werden, ganz oder teilweise der einzelstaatlichen Reserve zuzuschlagen sind, um sicherzustellen, dass Referenzmengen nur aktiven Milcherzeugern zugeteilt werden. Ohne auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs i. S. Mulligen einzugehen, meint das Bundesverwaltungsgericht, § 12 Abs. 2 ZAbgV fülle den europarechtlich vorgegebenen Rahmen aus. Auch verstoße der 33 %-ige Abzug nicht gegen das Grundgesetz. Eine Pauschalverweisung auf Europäisches Gemeinschaftsrecht sei ausreichend. Auch eine flächenlos verpachtete Referenzmenge genieße Eigentumsschutz nur als Betriebsteil. Eine verpachtete Referenzmenge sei nach wie vor Gegenstand des verpachteten Betriebes und genieße keinen darüber hinausgehenden Eigentumscharakter. Auch sei der 33 %-ige Abzug verhältnismäßig, da er der Korrektur einer Fehlentwicklung im Milchmarktrecht diene und die betroffenen Verpächtern nicht übermäßig belaste. Dabei sei maßgeblich, dass der Abzug nur diejenigen Verpächter treffe, die die Referenzmenge lediglich noch wirtschaftlich nutzen wollten, bevor sich die Investitionen in die sächlichen Betriebsmittel vollständig amortisiert hätten. Da das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsangelegenheit weder dem Europäischen Gerichtshof noch dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt hat, wird letztlich das Bundesverfassungsgericht die streitgegenständlichen Fragen zu klären haben.

Ein strafrechtliches Verfahren wegen Abgabenhinterziehung, dass die Verfassungsmäßigkeit der Zusatzabgabenverordnung zum Gegenstand hat, ist beim Bundesverfassungsgericht noch anhängig.

Rechtanwältin Dr. Kauch