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Der Fall: ein Landwirt hatte Saatmais einer konventionellen Maissorte gekauft, das vom Saatguthersteller fertig aufbereitet und in den Handel gebracht worden war. Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ließ Teilproben, die beim Hersteller gezogen worden waren, analysieren. Zwei Teilproben waren negativ, während in der dritten Teilprobe eine Verunreinigung von weniger als 0,1% mit einer gentechnisch veränderten Maislinie – nämlich MK 603 nachgewiesen werden konnte. Gegen die dann ausgesprochene Umbruchanordnung hatte sich der Landwirt im Klagewege gewehrt. Er hat die Probennahme als rechtsfehlerhaft beanstandet und geltend gemacht, eine Verunreinigung könne nicht festgestellt werden, da diese nahe an der Nachweisgrenze liege.
Zu Recht hat der Bayerische VGH die Umbruchanordnung – gestützt auf § 26 Abs. 4 GenTG – für rechtmäßig gehalten. Er hat unter anderem ausgeführt, dass gemessen an einer Fläche von 36 ha und grob geschätzten 100 Millionen Körnern sei klar, dass eine größere Zahl von Mais damit gentechnisch verändert sein könne. Alsdann hat der VGH auf die Schutzgüter des Gentechnikgesetzes abgestellt und ausgeführt, dass es unionsrechtlich geklärt sei, dass die Schutzgüter des Gentechnikrechts es rechtfertigen könnten, dass Zulassungsvorbehalte ohne jegliche Toleranzschwellen gelten. Insofern habe die zuständige Behörde auch kein Ermessen. Um den Gefahren einer Freisetzung durch gentechnischen veränderten Mais in die Umwelt zu begegnen, sei die Anordnung rechtmäßig. Das bedeutet, dass die Umbruchanordnung ausschließlich zum Schutz der Umwelt ergangen ist. Betrachtet man nämlich den Aspekt der menschlichen Gesundheit, also des Verbraucherschutzes, so war bemerkenswert, dass es sich bei der gentechnisch veränderten Maislinie MK 603 um ein Produkt gehandelt hat, das nach der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 03.03.2005 (2005/448/EG, Abl. EG Nr. L 158, S. 20) in der Europäischen Gemeinschaft verkehrsfähig ist. Denn gemäß der Entscheidung dürfen aus der gentechnisch veränderten Maissorte MK 603 gewonnene Futter- und Lebensmittel sowie Lebensmittelzusätze gemäß der Beschreibung und Spezifikationen im Anhang dieser Entscheidung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht werden. Lediglich ein Anbau beziehungsweise eine Aussaat der Maissorte ist durch die Entscheidung nicht zugelassen worden. Insofern wird dem Umweltschutz – der sicher wichtig ist – offenkundig ein höherer Wert beigemessen als dem Verbraucherschutz. Der Verbraucher nämlich darf über Lebens- und Futtermittel sowie Lebensmittelzusätze die gentechnisch veränderte Maislinie über die Nahrungskette uneingeschränkt zu sich nehmen, ein Transfer in die Umwelt ist allerdings auch im Bereich nahe der Nachweisgrenze nicht zu tolerieren. Vielleicht hätte der VGH etwas deutlicher darstellen sollen, dass die Umbruchanordnung nicht unmittelbar zu Gunsten der Verbraucher ergangen ist.

Diesen Text finden Sie auch auf der Homepage der AGCT.