– Einführung in das Immissionsschutzrecht –
Für eine Vielzahl landwirtschaftlicher Bauvorhaben, etwa im Bereich der Tierzucht, ist für die Errichtung und den Betrieb einer derartigen Anlage wegen der damit verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt durch Gerüche, Lärm und andere Umwelteinwirkungen eine Anlagengenehmigung nach den Vorschriften des Immissionsschutzrechts erforderlich. Auch wenn landwirtschaftliche Betriebe ab einer bestimmten Größenordnung schon seit langem als emitierende Anlagen dem Immissionsschutzrecht unterstellt waren, so ist gleichwohl im Jahre 2001 durch die Umsetzung EG-rechtlicher Vorgaben eine Verschärfung eingetreten. Viehbetriebe, die bis zu diesem Zeitpunkt mit der Errichtung, Nutzung und Nutzungsänderung ihrer baulichen Anlagen dem öffentlichen Baurecht (vgl. dazu unten Punkt 13) unterstellt waren, fallen jetzt wegen der Herabsetzung der Besatzdichte unter die Vorschriften des Immissionsschutzrechts.
Das Immissionsschutzrecht umfasst diejenigen Rechtsvorschriften zum Schutz vor Umweltgefahren durch Luftverunreinigungen, Lärm und Erschütterung und ähnlichen Beeinträchtigungen der natürlichen Umwelt. Das öffentliche Immissionsschutzrecht ist in erster Linie im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelt. Es wird durch zahlreiche Verordnungen ergänzt. Hinzu kommen wichtige Verwaltungsvorschriften wie etwa die TA Luft und die TA Lärm.
Wesentliche Vorgaben für das deutsche Immissionsschutzrecht ergeben sich aus Richtlinien der EG und aus internationalen Abkommen zur Luftreinhaltung. Als EG-rechtliche Vorgaben sind hier insbesondere die UVP-Richtlinie, die IVU-Richtlinie und die MM-Richtlinie zu nennen.
12.1 Europäisches Recht
Die wichtigsten Vorgaben es Europäischen Rechts für das nationale Anlagenzulassungsrecht sind in der UVP-Richtlinie, der IVU-Richtlinie und der MM-Richtlinie enthalten. Alle drei Richtlinien sind mittlerweile ins nationale Immissionsschutzrecht umgesetzt worden, bleiben aber für die Auslegung des nationalen Immissionsschutzrechts bedeutsam.
12.1.1 UVP-Richtlinie
Die UVP-Richtlinie stammt aus dem Jahre 1985. Sie fordert für bestimmte öffentliche und private Projekte, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (Art. 1 Abs. 1 UVP-RL). Projekt im Sinne der Richtlinie ist auch die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen (§ 1 Abs. 2 UVP-RL). Die Mitgliedstaaten mussten danach in einem ersten Schritt Regelungen treffen, nach denen im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens die erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt geprüft wurden. Mit der UVP-Änderungsrichtlinie ist die Zahl der UVP-pflichtigen Vorhaben deutlich ausgedehnt worden. Dies gilt gerade auch mit Blick auf die Landwirtschaft. Zudem ist festgelegt worden, dass die Mitgliedstaaten an Hand von Einzelfalluntersuchung oder an Hand von Schwellenwerten festzulegen haben, ob ein Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf. Dies hat unter anderem zu den zuvor genannten Auswirkungen auf landwirtschaftliche Bauvorhaben geführt.
12.1.2 IVU-Richtlinie
Die IVU-Richtlinie normiert demgegenüber für besonders umweltrelevante Anlagentypen Grundpflichten für den Anlagenbetrieb. Sie enthält überdies die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Schaffung weiterer Regelungen über den freien Zugang zu Informationen und die Beteiligung der Öffentlichkeit an Genehmigungsverfahren (Art. 15 IVU-RL). Die Öffentlichkeit soll über den Betrieb von Anlagen und die möglichen Auswirkungen auf die Umwelt unterrichtet werden. Auch die IVU-Richtlinie ist – wenn auch verspätet – mit der Änderung des Immissionsschutzrechts im Jahre 2001 umgesetzt worden.
12.1.3 MM-Richtlinie
Die MM-Richtlinie hat Maßnahmen zur Bekämpfung der Immission von gasförmigen Schadstoffen und luftverunreinigenden Partikeln aus Verbrennungsmotoren für mobile Maschinen und Geräte zum Inhalt. Sie ist durch verschiedene nationale Immissionsschutzverordnungen umgesetzt worden und hat im Rahmen dieser Vorschriften für die Landwirtschaft nur dort Bedeutung, wo es um den Einsatz solcher mobiler Maschinen und Geräte geht.
12.2 Immissionsschutzrecht des Bundes
Das öffentlich-rechtliche Immissionsschutzrecht ist in erster Linie im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelt. Im Bereich des Anlagenzulassungsrechts wird es im Wesentlichen konkretisiert durch die Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV – und die Verordnung über das Genehmigungsverfahren – 9. BImSchV -. Als Verwaltungsvorschriften kommen der technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) und der technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm) Bedeutung zu. Herangezogen werden können ferner VDI-Richtlinien.
12.2.1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)
Das Bundes-Immissionsschutzgesetz dient dem Schutz von Menschen, Tieren und Pflanzen, dem Boden, dem Wasser, der Atmosphäre sowie der Kultur und sonstigen Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Soweit es um genehmigungsbedürftige Anlagen geht, dient es auch dem Schutz vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen, die auf andere Weise herbeigeführt werden. Dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen soll vorgebeugt werden (vgl. § 1 BImSchG). Für die Landwirtschaft hat dies zur Folge, dass auch zum Schutz der Natur vor Ammoniak-Belastungen, des Wassers vor Nitrat- und Phosphateinträgen bei der Verwertung der im Betrieb anfallenden Reststoffe, insbesondere der Jauche, Gülle, des Stallmistes, des Geflügelkots oder der Grünkomposten, und des Bodens vor einer Kontamination mit Öl und Schmierstoffen sowie auf dem Betrieb gelagerten Gasöl immissionsschutzrechtliche Beschränkungen möglich sind.
12.2.1.1 Geltungsbereich des BImSchG
Gem. § 2 Abs. 1 BImSchG gilt das Gesetz für
– die Errichtung und den Betrieb von Anlagen (Nr. 1),
– das Herstellen, Inverkehrbringen und Einführen von Anlagen, Brennstoffen und Treibstoffen, Stoffen und Erzeugnissen aus Stoffen nach Maßgabe der §§ 32 – 37 BImSchG (Nr. 2)
– die Beschaffenheit, die Ausrüstung, den Betrieb und die Prüfung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern und von Schienen-, Luft- und Wasserfahrzeugen sowie von Schwimmkörpern und schwimmenden Anlagen nach Maßgabe der §§ 38 – 40 BImSchG (Nr. 39) und
– den Bau öffentlicher Straßen sowie von Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen nach Maßgabe der §§ 41 – 43 BImSchG (Nr. 4).
Für landwirtschaftliche Tierhaltungsbetriebe sind dabei in erster Linie die Vorschriften zum Anlagezulassungsrecht (§§ 1 – 31 a BImSchG) von besonderer Bedeutung. Soweit bei Ackerbaubetrieben, insbesondere durch den Maschineneinsatz, Lärmemissionen geregelt werden müssen, können zudem die Vorschriften der §§ 38 – 40 BImSchG zur Anwendung kommen.
Zu beachten ist, dass Emissionen die letztlich nicht von einer Anlage ausgehen, sondern auf menschliches Verhalten zurückzuführen sind, etwa Wohnungslärm oder Hundegebell, nicht vom Bundes-Immissionsschutzgesetz geregelt werden. Hierfür können allenfalls landesrechtliche Regelungen eingreifen.
12.2.1.2 Begriffe der Immissionen, Emissionen und der schädlichen Umwelteinwirkungen
Wichtige Begriffe werden in § 3 BImSchG gesetzlich definiert. Zu diesen Begriffen zählen unter anderem die Begriffe der Immission, der Emission und der schädlichen Umwelteinwirkungen.
12.2.1.2.1 Immissionen
Immissionen sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen u.ä. Umwelteinwirkungen (§ 3 Abs. 2 BImSchG). Immission durch die Landwirtschaft sind im Wesentlichen in Form von Gerüchen und anderen Schadstoffen aus Tierhaltungsbetrieben und in Form von Lärm durch den Einsatz von Maschinen im Ackerbau zu erwarten.
12.2.1.2.2 Emissionen
Emissionen sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen u.ä. Erscheinungen (§ 3 Abs. 3 BImSchG).
Die Unterscheidung zwischen Immissionen und Emissionen ist von erheblicher Bedeutung. Durch Messungen der Immissionen am Einwirkungsort lassen sich Veränderungen im Verbreitungsvorgang etwa hinsichtlich des Konzentrationsgrads des emitierenden Stoffes, des Schadstoffes oder durch die Verbindung mit anderen Stoffen berücksichtigen. Bei der Beurteilung von Immissionen sind außerdem Vor- und Fremdbelastungen aus verschiedenen Schadstoffquellen einzubeziehen. Die Festsetzung von Immissionsgrenzwerten ist deshalb insbesondere zur Steuerung der Gesamtbelastung der Umwelt geeignet. Mit der Festsetzung von Immissionswerten kann allerdings der Schadstoffausstoß einzelner Schadstoffeminenten nicht konsequent verursacherbezogen gesteuert werden. Deshalb ist die Begrenzung von Immissionen häufig kein erfolgversprechender Ansatz für den Immissionsschutz. Dementsprechend ist der Emissionsbegrenzung in verschiedenen Bereichen Priorität eingeräumt worden. Dies gilt insbesondere auch bei der Emissionsbegrenzung für Alt- und Neuanlagen durch die Großfeuerungsanlagenverordnung und durch die umfassende Novellierung er TA-Luft mit ihrer erheblichen Verschärfung der Emissionswerte, die auch für landwirtschaftliche Tierhaltungsbetriebe zur Anwendung kommt.
12.2.1.2.3 Schädliche Umwelteinwirkungen
Schädliche Umwelteinwirkungen sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkung setzt sich aus drei Elementen zusammen (dazu Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2. Aufl., München 2000, § 21 Rn. 14).
Eine schädliche Umwelteinwirkung liegt vor, wenn es sich um eine Immission handelt und diese eine gewisse Schädlichkeit für einen bestimmten Personenkreis aufweist.
Immissionen sind – wie gesagt – Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen u.ä. Umwelteinwirkungen, die auf die Schutzgüter des Bundes-Immissionsschutzgesetzes einwirken (§ 3 Abs. 2 BImSchG). Luftverunreinigungen sind dabei Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Russ, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe. Damit werden sämtliche Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft erfasst. Über Geruchsimmissionen durch Rinderhaltung hatte der VGH München zu entscheiden (VGH München, Urt. v. 25.06.1996 – 1 B 92 2679 – BayVBl 1997, 115). Geräusche sind demgegenüber für den Menschen hörbare Einwirkungen, die durch Schallwellen verbreitet werden (vgl. Jarass, BImSchG, § 3 Rn. 52). Immissionsschutzrechtlich geht es um lästige Geräusche, d.h. den Lärm. Lärm ist nach der TA-Lärm Schall, der Nachbarn oder Dritte stören kann oder stören würde (Ziff. 2.11. TA-Lärm). Die Frage der Erheblichkeit einer Geräuschbelastung richtet sich unter anderem nach der Ortsüblichkeit. Weitere in § 3 Abs. 2 BImSchG genannte Umwelteinwirkungen sind für den Bereich der Landwirtschaft nicht relevant.
Schädlich sind Umwelteinwirkungen, wenn Sie geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Beeinträchtigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Dabei liegen schädliche Umweltbeeinträchtigungen nicht erst dann vor, wenn eine bestimmte Gefahrenschwelle überschritten ist, d.h. wenn die erkennbare und objektive Möglichkeit eines Schadenseintritts besteht. Eine schädliche Umwelteinwirkung ist bereits dann anzunehmen, wenn Immissionen zu erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen führen. Als Nachteil werden Beeinträchtigungen von Interessen bezeichnet, die keinen unmittelbaren Schaden auslösen. Dazu zählen u.a. Vermögensschäden (Breuer, in: Schmidt/Aßmann BesVwR, 5. Abschn. Rn. 178). Als Vermögensschaden gilt insbesondere auch die Wertminderung eines Grundstücks durch Lärm oder Gerüche. Belästigungen sind vornehmlich Beeinträchtigungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens, die noch keine Gesundheitsschäden auslösen (vgl. Amtl. Begr. BT-Drs. 7/1513 S.2). Die Nachteile und Belästigungen müssen erheblich sein. Erheblich sind die Beeinträchtigungen, wenn sie durch Stärke, Intensität oder Dauer das übliche und zumutbare Maß überschreiten (vgl. Ule/Laubinger, BImSchG § 3 Rn. 4) und den betroffenen billigerweise nicht mehr zugemutet werden können (vgl. Kutscheidt, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, S. 237 (238)). Abzustellen ist dabei auf das Empfinden des normalen Durchschnittsmenschen in vergleichbarer Lage, nicht aber auf das subjektive Empfinden des konkret Gestörten (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 04.11.1992 – 14 UE 21/88 -, NVwZ 1993, 1004 (1005)).
12.2.1.2.3.1 TA Luft
Für Luftverunreinigungen setzt die TA Luft in der Regel Immissionswerte zum Schutze vor erheblichen Nachteilen und Belästigungen fest. Für Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren verzichtet sie allerdings auf messtechnisch erfassbare Emissionsgrenzwerte. Der Nutzungskonflikt insbesondere in Bezug auf vorhandene Wohnbebauung wird vielmehr einerseits durch die Festlegung von Mindestabständen und andererseits durch die Normierung baulicher und betrieblicher Anforderungen zu lösen versucht.
So sollen bei der Errichtung Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren bestimmte Mindestabstände zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgelegten Wohnbebauung und unter Berücksichtigung der vorhandenen Tierzahlen (in der Umrechnungsgröße der Einzeltiermaße) nicht unterschritten werden. Festgelegt sind dann im Einzelnen die Faktoren für die Umrechnung von Schweine- und Geflügeltierplatzzahlen in Großvieheinheiten. Bei 50 Großvieheinheiten ist ein Mindestabstand von ca. 180 Metern zur nächsten Wohnbebauung vorgesehen.
Ferner sind folgende bauliche und betriebliche Maßnahmen bei der Errichtung von Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren anzuwenden:
– größtmögliche Sauberkeit und Trockenheit im Stall;
– optimales Stallklima; bei zwangsbelüfteten Stellen ist DIN 1819 zu beachten;
– bei Festmistverfahren ist eine ausreichende Einstreumenge zur Minderung der Geruchsemission einzusetzen. Dungstätten zur Lagerung von Festmist mit einem Trockenmassegehalt von weniger als 25 % sind auf einer wasserundurchlässigen Betonplatte nach DIN 1045 zu errichten. Die anfallende Jauche ist in einen abflusslosen Behälter einzuleiten. Zur Verringerung der windinduzierten Emissionen ist eine dreiseitige Umwandlung des Lagerplatzes sowie eine möglichst kleine Oberfläche zu gewährleisten;
– zwischen Stallraum und außenliegenden Flüssigmistkanälen und Flüssigmistbehältern ist ein Geruchsverschluss einzubauen;
– die Lagerkapazität für flüssigen Wirtschaftsdünger zur Verwendung als Düngemittel im eigenen Betrieb muss mindestens für sechs Monate ausreichen.
Für Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von anderen als in der Tabelle 10 genannten Tierarten oder Haltungsbedingungen ist der Abstand im Einzelfall festzulegen. Der Mindestabstand kann unterschritten werden, wenn die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt wird. Zu stickstoffempfindlichen Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosystemen (z.B. Heide, Moor, Wald) soll bei der Errichtung der Anlagen in der Regel ein Mindestabstand von 150 Metern nicht unterschritten werden.
12.2.1.2.3.2 VDI-Richtlinien
Auch die VDI-Richtlinien 3471 und 3472 legen Kriterien zur immissionsschutzrechtlichen Beurteilung einer Anlage und für die Ermittlung des zulässigen Mindestabstandes fest. VDI-Richtlinien haben dabei den Rang einer Verwaltungsvorschrift. Sie können als vorweggenommene Sachverständigengutachten rechtliche eingeordnet werden und ergänzend zur TA Luft herangezogen werden. Die VDI-Richtlinien 3471 und 3472 regeln den derzeitigen Stand der Stall- und Haltungstechnik bei Schweineproduktions- und Geflügelanlagen. Es wird zunächst festgestellt, dass die einer Stallanlage zugeschriebenen Geruchsemissionen hauptsächlich vom Haltungssystem, von der Entmistung und Mistlagerung, dem Luftaustausch sowie besonderen Futtermitteln ausgehen. Die Ermittlungsgrundlage ist also der der TA Luft vergleichbar. Es folgen Empfehlungen zur Verminderung oder Vermeidung der Emissionen für alle Bereiche der Stallanlage. Dabei kommt den bautechnischen Maßnahmen auf dem Gebiet der Entlüftung und Entmistung besondere Bedeutung zu. Gleiches gilt für Maßnahmen welche die Sauberkeit der Anlage unterstützen. Zur Beurteilung des Emissionspotentials werden emissionswirksame Anlagebereiche mit Punkten bewertet. Je höher die Bewertungspunktzahl der Anlage ist, desto geringer sind die Geruchsemissionen. Dementsprechend lassen sich die Richtlinienabstände zur Wohnbebauung verringern. Um den erforderlichen Abstand richtig zu berechnen, muss zunächst der Tierbesatz in Großvieheinheiten ermittelt werden. Alsdann müssen die immissionswirksamen Anlagebereiche mit Punkten bewertet werden, aus denen sich dann letztlich die Abstandsregelung ergibt.
Bei der Ermittlung des Tierbesatzes in Großvieheinheiten ist Folgendes zu beachten:
– Bei der Zuchtsauenhaltung können wegen der erforderlichen Platzreserve vor der Umrechnung auf Großvieheinheiten von den vorhandenen Plätzen 10 % abgezogen werden. Da bei der Zuchtsauenhaltung überdies geringere Emissionen entstehen, können die ermittelten Großvieheinheitenzahlen aus der Ferkelerzeugung halbiert werden. Die Jungsauenaufzucht ist demgegenüber für die Großvieheinheitenumrechnung wie die Mastschweinehaltung zu bewerten.
Bei der immissionsschutzrechtlichen Bewertung der Anlagebereiche ist Folgendes zu beachten:
– Festmistverfahren erhalten nur dann eine hohe Punktzahl, wenn die angegebene Einstreumenge verwendet wird.
– Bei Flüssigentmistung sollen Buchten mit Teilspaltenböden grundsätzlich einen Spaltenbodenanteil von über 45 % haben.
– Bei einer Flüssigmistlagerung erhält der Behälter mit geschlossener Abdeckung 50 Bewertungspunkte. Dabei reicht eine einfach abgedeckte Grubenöffnung durchaus aus.
– Bei der Verwendung besonderer Futtermittel ist zu prüfen, ob dadurch das Geruchspotential der Anlage steigen kann.
– Bei besonderen Standorteinflüssen, speziellen Witterungsbedingungen und Windrichtungen kann ein Zu- oder Abschlag von insgesamt höchstens 20 Punkten gegeben werden. Eine Flüssigmistlagerkapazität von 6 Monaten oder mehr erhält 10 Bewertungspunkte, weil dadurch längere Ausbringintervalle gewährleistet werden.
Mithin können bei Heranziehung der VDI-Richtlinien die Mindestabstände nach der TA Luft entsprechend dem Ergebnis einer Einzelfallprüfung auf die Hälfe reduziert werden, soweit die zu schützende Bebauung nicht uneingeschränkt zur Wohnbebauung zu zählen ist oder wenn andere Gründe dies rechtfertigen (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, AgrarR 1989, 243). Abstände unter 100 Meter für Schweinehaltung bzw. unter 200 Meter für Geflügelhaltungen bedürfen regelmäßig einer Sonderbeurteilung durch Fachbehörden oder Sachverständige. Soweit weder die VDI-Richtlinien noch die TA Luft Mindestabstände zu anderen Tierhaltungsanlagen vorsehen, sind die Mindestabstände in diesem Fällen stets durch eine Einzelfallprüfung zu ermitteln.
12.2.1.2.3.3 TA Lärm
Bei Lärmimmissionen folgt die Zumutbarkeitsgrenze aus der Schutzwürdigkeit und Schützbedürftigkeit der Umgebung. Entscheidend dafür ist vor allem der Gebietscharakter der Umgebung wie er faktisch oder nach einem Bebauungsplan besteht (vgl. Nr. 6.1 TA Lärm). In den Bereichen, in denen Gebiete von unterschiedlicher Schutzwürdigkeit zusammentreffen, ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet. Das führt einerseits zur Pflichtigkeit dessen, der die Belästigung verbreitet, andererseits aber auch – im Sinne der Bildung einer Art von Mittelwert – zu einer die Vorbelastung respektierenden Duldungspflicht derer, die sich in der Nähe von – im Übrigen legalen Belästigungsquellen – ansiedeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1975 – IV C 71.73 -, BVerwGE 50,49 (54)). Ausnahmsweise kann wegen einer Vorbelastung die Zumutbarkeit von Geräuschemissionen auch dann zu bejahen sein, wenn die Richtwerte der TA Lärm überschritten werden (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 04.03.1986 – 7 A 17/83 -, NVwZ 1988, 176 (177)).
Die Gefahren, erhebliche Nachteile oder erheblichen Belästigungen müssen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft drohen. Unter der Allgemeinheit wird eine unbestimmte Mehrzahl von Personen bzw. die Gesamtheit aller möglichen Betroffenen verstanden. Ausreichend ist auch, dass die Tier- und Pflanzenwelt oder Boden, Wasser und Luft durch Immissionen nachteilig berührt werden. Nachbarschaft i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG ist ein weitauszulegender Begriff. Nachbar ist jeder, der qualifiziert betroffen sein kann. Das qualifizierte Betroffensein muss sich deutlich abheben von den Auswirkungen, die den Einzelnen als Teil der Allgemeinheit treffen können. Deshalb zählen nicht nur Grundstückseigentümer, sondern auch Gewerbetreibende, Mieter, Arbeitnehmer und Auszubildende zu den Nachbarn im Sinne des Immissionsschutzrechts. Lediglich derjenige Personenkreis wird vom Nachbarbegriff nicht erfasst, der mangels besonderer persönlicher oder sachlicher Bindung zu einem Ort nicht qualifiziert betroffen sind. Dies gilt insbesondere für Touristen, Besucher oder Andere, die sich nur gelegentlich im Einwirkungsbereich der Immissionsquelle aufhalten. Damit ist der Kreis derjenigen, die sich gegen die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Wehr setzen können im Vergleich zum Baurecht deutlich größer.
12.2.1.3 Anlagengenehmigung (§ 4 BImSchG)
Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu beeinträchtigen oder erheblich zu belästigen, bedürfen einer Genehmigung (§ 4 Abs. 1 S. 1 BImSchG). Der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unterfallen landwirtschaftliche Vorhaben nur dann, wenn für sie der Anlagenbegriff erfüllt ist und sie als genehmigungsbedürftige Anlage in der 4. BImSchV aufgeführt sind.
12.2.1.3.1 Anlagenbegriff
Kernstück des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist der Schutz vor Umweltbeeinträchtigungen durch Anlagen (Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2. Aufl., München 2000, § 21 Rn. 36). Reine verhaltensbezogene Umweltbeeinträchtigungen zählen deshalb zu den Regelungsbereichen der Immissionsschutzgesetze der Länder. Der Begriff der Anlage ist in § 3 Abs. 5 BImSchG legal definiert. Danach sind Anlagen im Sinne des Gesetzes
– Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen (Nr. 1),
– Maschinen, Geräte oder sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 BImSchG unterliegen (Nr. 2) und
– Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege (Nr. 3).
Gemeinsam ist diesen drei Gruppen von Anlagen, dass sie in irgendeiner Form „betrieben werden können“ (vgl. Jarass, BImSchG, § 3 Rn. 57). Ein immissionsschutzrechtlich relevanter Anlagenbetrieb liegt deshalb nur dann vor, wenn auf der Grundlage einer gewissen Organisation und unter Einsatz technischer oder ideeller Arbeitsmittel ein bestimmter Zweck fortgesetzt verfolgt wird (Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2. Aufl., München 2000, § 21 Rn. 37). Vom Anlagenbegriff erfasst werden damit auch land- und forstwirtschaftliche Hofstätten, aber auch Hundezwinger, Schweinemästereien und Ställe (Jarass, BImSchG, § 3 Rn. 60). Keine Anlagen sind in der Regel Gartengrundstücke sowie landwirtschaftliche Flächen und bewegliche Anlagen, wie etwa Arbeitsgeräte und Rasenmäher.
Bei größeren Produktionseinheiten mit mehreren baulichen Anlagen kann der Anlagebegriff problematisch sein. Es kann nicht ohne Weiteres von einer einheitlichen genehmigungsbedürftigen Anlage ausgegangen werden, so dass im Zweifel für jeden eigenen Anlageteil eine Genehmigung zu beantragen sein kann.
12.2.1.3.2 Genehmigungspflicht
Welche Anlagen im Einzelnen einer Genehmigung bedürfen, ist u.a. in der 4. Bundes-Immissionsschutzverordnung (4. BImSchV) in enumerativer Weise geregelt.
Die Aufzählung der genehmigungsbedürftigen Anlagen ist in eine Spalte 1 und eine Spalte 2 unterteilt. Spalte 1 erfasst die Anlagen mit größeren Emissionen bzw. Umweltbelastungen, für die ein förmliches Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG durchzuführen ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 4. BImSchV). Demgegenüber beinhaltet Spalte 2 die weniger belastenden, meist kleineren Anlagen, für die ein vereinfachtes Verfahren, d.h. ein abgekürztes Verfahren gem. § 19 BImSchG ohne Öffentlichkeitsbeteiligung, durchzuführen ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 4. BImSchV).
12.2.1.3.2.1 Genehmigungspflicht im förmlichen Verfahren
Danach bedürfen in der Landwirtschaft folgende Anlagen der Massentierhaltung einer Genehmigung im förmlichen Verfahren:
– Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel oder Pelztieren oder zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Rindern oder Schweinen mit
a. 20.000 Hennenplätzen,
b. 40.000 Junghennenplätzen,
c. 40.000 Mastgeflügelplätzen,
d. 20.000 Truthühnermastplätzen,
e. 350 Rinderplätzen,
f. 1.000 Kälberplätzen,
g. 2.000 Mastschweineplätzen (Schweine von 30 kg oder mehr Lebendgewicht),
h. 750 Sauenplätze einschließlich dazugehörender Ferkelaufzuchtplätze (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht),
i. 6.000 Ferkelplätze für die getrennte Aufzucht (Ferkel von 10 bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) oder
j. 1.000 Pelztiere oder mehr;
– bei gemischten Beständen werden die Von-Hundert-Anteile, bis zu denen die vorgenannten Platzzahlen jeweils ausgeschöpft werden, addiert; erreicht die Summe der Von-Hundert-Anteile einen Wert von Hundert, ist ein Genehmigungsverfahren durchzuführen. Mit Hilfe dieses Umrechnungsschlüssels kann die Anlagengröße für Betriebe mit gemischten Tierbeständen ermittelt werden.
12.2.1.3.2.2 Genehmigungspflicht im vereinfachten Verfahren
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 4. BImSchV bedürfen in der Landwirtschaft folgende Anlagen mit Massentierhaltung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren:
a) Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel oder Pelztieren oder zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Rindern oder Schweinen mit
aa) 15.000 bis weniger als 20.000 Hennenplätzen,
bb) 30.000 bis weniger als 40.000 Junghennenplätzen,
cc) 30.000 bis weniger als 40.000 Mastflügelplätzen,
dd) 15.000 bis weniger als 20.000 Truthühnermastplätzen,
ee) 250 bis weniger als 350 Rinderplätzen,
ff) 300 bis weniger als 1000 Kälberplätzen,
gg) 1500 bis weniger als 2000 Mastschweineplätzen (Schweine von 30 kg oder mehr Lebendgewicht),
hh) 560 bis weniger als 750 Sauenplätze einschließlich dazugehörender Ferkelaufzuchtplätze (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht),
ii) 4500 bis weniger als 6000 Ferkelplätzen für die getrennte Aufzucht (Ferkel von 10 bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) oder
jj) 750 bis weniger als 1000 Pelztierplätzen;
bei gemischten Beständen werden die Von-Hundert-Anteile, bis zu denen die vorgenannten Platzzahlen jeweils ausgeschöpft werden, addiert; erreicht die Summe der Von-Hundert-Anteile einen Wert von Tausend, ist ein Genehmigungsverfahren durchzuführen.
b) Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren mit Plätzen für 50 Großvieheinheiten oder mehr und mehr als 2 Großvieheinheiten je Hektar der vom Inhaber der Anlage regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Fläche oder ohne landwirtschaftlich genutzte Fläche. Eine Großvieheinheit entspricht einem Lebendgewicht von 500 kg je Haltungsperiode.
Obwohl vorbenannte Anlagen in der Spalte 2 aufgeführt sind und damit in der Regel dem vereinfachten immissionsschutzrechtlichen Verfahren unterstellt sind, ist für sie gleichwohl ein förmliches Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG durchzuführen, wenn es sich um einen gemischten Bestand handelt, bei dem sich Anlagen der Spalte 1 und Anlagen der Spalte 2 des Anhangs zusammensetzen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1b 4. BImSchV). Gleiches gilt, für Anlagen der Spalte 2, wenn für diese Anlagen nach den Vorschriften §§ 3c Abs. 1 S. 2, 3b Abs. 2 u. 3 UVPG einen Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Ziff. c 4. BImSchV).
Dies ist der Fall, wenn ein Landwirt beispielsweise kumulierende Vorhaben i.S.d. § 3b Abs. 2 S. 1 UVPG verwirklichen will. Gleiches gilt, wenn er durch die Änderung oder Erweiterung einer bereits bestehenden Anlage, die bisher nicht UVP-pflichtig war, erstmals die Größen und Leistungswerte überschreitet und damit gem. § 3b Abs. 3 UVP-pflichtig wird. Letztgenannter Fall ist, dass in der Anlage 1 zum Gesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist und im Rahmen der Einzelfallprüfung festgestellt wird, dass mit erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu rechnen ist. Auch in diesem Fall ist nach § 3c Abs. 1 S. 1 eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.
UVP-pflichtig sind nach der Anlage 1 zum Gesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit insgesamt diejenigen Vorhaben, die in der Spalte 1 oder der Spalte 2 aufgeführt worden sind. Auch die Anlage zum Gesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit unterscheidet mithin in Spalte 1 und Spalte 2. Sind in der Spalte 1 Vorhaben mit einem X gekennzeichnet, so sind sie generell UVP-pflichtig. Sind in der Spalte 2 Vorhaben mit einem A gekennzeichnet, so erfolgt eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 S. 1 UVPG. Ist das Vorhaben in Spalte 2 mit einem S gekennzeichnet, so erfolgt eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 S. 2 UVPG. Dies führt für landwirtschaftliche Viehbetriebe zu folgender Konsequenz:
1. Einer generellen UVP-Pflicht unterfallen folgende Anlagen:
a) Die Errichtung und der Betrieb einer Anlage zur Intensivtierhaltung und ggf. der Aufzucht
– von Hennen mit 42.000 oder mehr Plätzen (7.1.1),
– von Junghennen mit 84.000 oder mehr Plätzen (7.2.1),
– von Mastgeflügel mit 84.000 oder mehr Plätzen (7.3.1),
– von Truthühnern mit 42.000 oder mehr Plätzen (7.4.1),
– von Rindern mit 350 oder mehr Plätzen (7.5.1),
– von Kälbern mit 1.000 oder mehr Plätzen (7.6.1),
– von Mastschweinen (Schweine von 30 kg Lebendgewicht oder mehr) mit 2.000 und mehr Plätzen (7.7.1),
– von Sauen einschließlich dazugehöriger Ferkel (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit 750 oder mehr Plätzen (7.8.1),
– von Ferkeln (Ferkel von 10 bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit 6.000 oder mehr Plätzen (7.9.1),
– von Pelztieren mit 1.000 oder mehr Plätzen (7.10.1).
b) Die Errichtung und der Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Tieren in gemischten Beständen, wenn die jeweils unter den Nummern 7.1.1, 7.2.1, 7.3.1, 7.4.1, 7.5.1, 7.6.1, 7.7.1, 7.8.1, 7.9.1 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Von-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert von Hundert erreicht oder überschreitet.
2. Demgegenüber ist für landwirtschaftliche Betriebe bei der Errichtung und dem Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen:
a) Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivtierhaltung
– von Hennen mit 15.000 bis weniger als 42.000 Plätzen (7.1.2),
– von Junghennen mit 30.000 oder weniger als 84.000 Plätzen (7.2.2),
– von Mastgeflügel mit 30.000 oder weniger als 84.000 Plätzen (7.3.2),
– von Truthühnern mit 15.000 bis weniger als 42.000 Plätzen (7.4.2),
– von Rindern mit 250 oder weniger als 350 Plätzen (7.5.2),
– von Kälbern mit 300 bis weniger als 1.000 Plätzen (7.6.2),
– von Mastschweinen (Schweine von 30 kg Lebendgewicht oder mehr) mit 1.500 bis weniger als 2.000 Plätzen (7.7.2.),
– von Sauen einschließlich dazugehörender Ferkel (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit 560 bis weniger als 750 Plätzen (7.8.2),
– von Ferkeln (Ferkel von 10 bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit 4.500 bis weniger als 6.000 Plätzen (7.9.2),
– von Pelztieren mit 750 bis weniger als 1.000 Plätzen (7.10.2),
soweit diese jeweils nicht unter Nr. 7.12 fallen.
b) Die Errichtung und der Betrieb einer Anlage zur Intensivtierhaltung oder -aufzucht von Tieren in gemischten Beständen, wenn die jeweils unter den Nummern 7.1.2, 7.2.2, 7.3.2, 7.4.2, 7.5.2, 7.6.2, 7.7.2, 7.8.2, 7.9.2 und 7.10.2 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Von-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert von Hundert erreicht oder überschreitet.
3. Eine allgemeine Vorprüfung ist nach 7.12 der Anlage 1 zum UVPG vorgesehen für
– Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren mit Plätzen von 50 Großvieheinheiten oder mehr und mehr als zwei Großvieheinheiten je Hektar der vom Inhaber der Anlage regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Fläche oder ohne landwirtschaftlich genutzte Fläche, soweit diese Anlagen nicht unter die Nummer 7.1.1, 7.2.1, 7.3.1, 7.4.1, 7.5.1, 7.6.1, 7.7.1, 7.8.1, 7.9.1, oder 7.10.1 fallen. Eine Großvieheinheit entspricht einem Lebendgewicht von 500 Kilo je Haltungsperiode.
Für die unter 7.12 genannten Vorhaben, die wegen der vorhandenen Großvieheinheiten einer allgemeinen Vorprüfung bedürfen und sich im Rahmen dieser allgemeinen Vorprüfung feststellen lässt, dass mit erheblichen nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens zu rechnen ist, ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1c Ziff. aa 4. BImSchV ausnahmsweise ein förmliches Immissionsschutzverfahren durchzuführen.
12.2.1.3.3 Genehmigungsvoraussetzungen (§ 6 BImSchG)
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus den Grundpflichten (§ 5 BImSchG) und den auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenen Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Erteilung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (§ 6 Abs. 1 BImSchG).
12.2.1.3.3.1 Grundpflichten des Betreibers
Der eine immissionsschutzrechtliche Anlage betreibende Landwirt hat den Grundpflichten gem. § 5 BImSchG nachzukommen. Diesen Grundpflichten muss der Anlagenbetreiber sofort und ohne behördliche Anweisung während der gesamten Dauer des Betriebs nachkommen. Im Einzelnen sind in § 5 BImSchG die Schutz-, Vorsorge-, Abfallvermeidungs- und -entsorgungspflicht sowie die Energieeinsparungs- und Nachsorgepflicht genannt.
12.2.1.3.3.1.1 Schutzpflicht
Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen oder sonstige Gefahren erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Diese Schutzpflicht soll konkret schädliche Umwelteinwirkungen durch die Anlage verhindern, d.h. Immissionen, die nach Art und Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Die Anlage ist so zu errichten und zu betreiben, dass nicht nur bei Normalbetrieb, sondern auch bei Störfällen schädliche Umwelteinwirkungen nicht hervorgerufen werden können. Nicht nur betriebsbedingte Umstände können dazu führen, dass eine Anlage schädliche Umweltweinwirkungen hervorruft. Auch externe Gefahrenquellen oder äußere Einwirkungen können der Grund dafür sein, dass von der Anlage Emissionen ausgehen. Sofern die Gefahr äußerer Einwirkungen im Hinblick auf das Gewicht der drohenden Schäden hinreichend wahrscheinlich ist, hat der Anlagenbetreiber dafür zu sorgen, dass die Gefahr sich nicht realisiert und schädliche Umwelteinwirkungen damit nicht hervorgerufen werden können (OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.12.1976 – VI OVGB 78/72 -, OVGE 32,456 ff.).
Welche Maßnahmen der Anlagenbetreiber ergreift, um schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden und dadurch der Schutzpflicht gerecht zu werden, liegt zunächst bei ihm. So kann er durch technische Maßnahmen an der betreffenden Anlage die Emission beim Normalbetrieb bzw. bei Störfällen begrenzen. Auch Kompensationsmaßnahmen sind möglich. Der Anlagenbetreiber einer neuen Anlage kann die Einhaltung der Immissionswerte dadurch gewährleisten, dass er die hinzukommenden Emission durch Minderung der Emission aus bestehenden Anlagen ausgleicht (BVerwG, Urt. v. 17.02.1978 – 1 C 102/76 -, BVerwGE 55,250 (265 f)). Bei den im Rahmen der Schutzpflicht vom Anlagenbetreiber zu ergreifenden Maßnahmen spielt die Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahmen bzw. der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keine Rolle. Die Vermeidung von schädlichen Immissionen ist zwingend geboten. Falls es keine geeigneten oder vertretbaren wirtschaftlichen Abwehrmaßnahmen gibt, darf die betreffende Anlage nicht errichtet oder betrieben werden.
12.2.1.3.3.1.2 Vorsorgepflicht
Gem. § 5 Abs. 1 BImSchG muss der Anlagenbetreiber Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen treffen, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Immissionsbegrenzung. Mit der Vorsorgepflicht soll der gebotene Immissionsschutz vorverlagert und über die traditionale Gefahrenabwehr hinaus ausgedehnt werden, auch wenn keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Emission hervorgerufen werden bzw. zu erwarten sind. Nach der Vorsorgepflicht muss der Anlagenbetreiber die Emission auch unterhalb der Schädlichkeitsschwelle, die durch die TA Luft und die TA Lärm vorgegeben wird, soweit mindern, wie dies durch Maßnahmen möglich ist, die dem Stand der Technik entsprechen (Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 53 f.). Deshalb müssen alle dem Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, die die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen gesichert erscheinen lässt, angewandt werden.
Allerdings ist die Vorsorgepflicht keine unbegrenzte Minimierungspflicht. Im Gegensatz zu den Schutzpflichten muss hier Aufwand und Ertrag in einem angemessenen Verhältnis stehen (Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2. Aufl., München 2000, § 21 Rn. 63). Es dürfen vom Anlagenbetreiber mithin keine Maßnahmen verlangt werden, die nur eine geringe Immissionsminderung erreichen, dafür aber mit einem hohen technischen und finanziellen Aufwand verbunden sind. Werden dem Anlagenbetreiber gleichwohl hohe finanzielle Aufwendungen zugemutet, so läge ein grobes Missverhältnis vor und die Auflage würde gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen.
Da der Vorsorgegrundsatz im Gegensatz zum Schutzgrundsatz keine drittschützende Wirkung verleiht, hat der eine Anlage betreibende Landwirt nicht zu befürchten, dass Nachbarn in gerichtlichen Verfahren technisch unverhältnismäßige Maßnahmen einfordern können.
12.2.1.3.3.1.3 Abfallverminderungs- und -entsorgungspflicht
Ferner sind genehmigungsbedürftige Anlagen so errichten und zu betreiben, dass Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden. Dabei sind Abfälle nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung. Die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG). Abfälle, die in der Landwirtschaft anfallen können, ergeben sich insbesondere durch tierische Ausscheidungen, aber auch durch Pflanzen- oder Düngemittelreste.
Der in § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG normierte Entsorgungsgrundsatz entspricht den Abfallvermeidungs-, Abfallverwertungs- und Abfallentsorgungsvorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes. Insoweit gilt auch die in § 8 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG geregelte Verwertungspflicht für Sekundärrohstoffdünger. Sekundärrohstoffdünger oder Wirtschaftsdünger i.S.d. § 1 DMG können auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden aufgebracht werden, soweit dies verordnungsrechtlichen Bestimmungen entspricht. Bei Wirtschaftsdünger ist insoweit das Maß der guten fachlichen Praxis einzuhalten.
12.2.1.3.3.1.4 Energiesparpflicht
Ferner sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt Energie sparsam und effizient verwendet wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG).
12.2.1.3.3.1.5 Nachsorgepflicht
Letztlich sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach Betriebseinstellung keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder Gefahren erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigung ausgehen. Vorhandene Abfälle sind deshalb ordnungsgemäß und schadlos zu verwerten oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu beseitigen. Im Übrigen muss die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Betriebsgeländes gewährleistet werden. Diese Nachsorgepflicht trifft einen Anlagenbetreiber bereits bei der Errichtung der Anlage.
12.2.1.3.3.2 Betreiberpflichten aufgrund von RVO
Ferner hat der Anlagenbetreiber die sich aus den Immissionsschutzverordnungen ergebenden Pflichten zu erfüllen. Im Bereich der Landwirtschaft sind deshalb insbesondere die Pflichten der 4. und 9. Bundes-Immissionsschutzverordnung einzuhalten.
12.2.1.3.3.3 Kein Entgegenstehen anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften
Letztlich setzt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung voraus, dass der Errichtung und dem Betrieb der Anlage andere öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG). Andere öffentlich-rechtliche Vorschriften sind vor allem solche des Planungs- und Bauordnungsrechts, des Straßen-, Abfall-, Wasser- sowie des Natur- und Landschaftsschutzrechts. Die Erstreckung der Genehmigungsvoraussetzung auf andere öffentlich-rechtliche Vorschriften steht im Zusammenhang mit der Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gem. § 13 BImSchG. Danach schließt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidung ein. § 13 BImSchG führt zu einer Verfahrenskonzentration, d.h. zusammengefasst werden nicht nur die verschiedenen Zuständigkeiten, sondern auch die verschiedenen Genehmigungsverfahren.
12.2.1.3.4 Genehmigungsverfahren
Beim Genehmigungsverfahren ist zwischen dem förmlichen Genehmigungsverfahren als Regelfall (§ 10 BImSchG i.V.m. der 9. BImSchV) und dem vereinfachten Verfahren als Ausnahme (§ 19 Abs. 1 BImSchG) zu unterscheiden.
12.2.1.3.4.1 Förmliches Genehmigungsverfahren
Das förmliche Genehmigungsverfahren ist in § 10 BImSchG i.V.m. der 9. BImSchV geregelt.
12.2.1.3.4.1.1 Einleitung durch Antrag
Das förmliche Genehmigungsverfahren setzt den schriftlichen Antrag des Vorhabenträgers voraus (§ 10 Abs. 1 S. 1 BImSchG). Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 BImSchG erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen (§ 10 Abs. 1 S. 2 BImSchG). Dazu gehören z.B. Anlagen- und Betriebsbeschreibungen, Angaben über Art und Ausmaß der Emission und der zur Verhinderung schädlicher Umwelteinwirkungen vorgesehenen Maßnahmen, ggf. auch eine Sicherheitsanalyse. Bei UVP-pflichtigen Anlagen müssen darüber hinaus die zusätzlichen Angaben des § 4e 9. BImSchV enthalten sein. Zusätzlich sind die möglichen Auswirkungen auf Nachbarschaft und Allgemeinheit zu beschreiben. In der Regel soll der förmlichen Antragstellung eine Antragsberatung durch die Behörde vorausgehen. Diese Vorberatung soll der Verfahrensbeschleunigung dienen.
12.2.1.3.4.1.2 Bekanntmachung und Auslegung
Sobald die Unterlagen vollständig vorliegen, ist das Vorhaben im amtlichen Veröffentlichungsblatt und in örtlichen Tageszeitungen im Bereich des Standortes der Anlage bekannt zu machen (§ 10 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 BImSchG). Antrag und Unterlagen, die Angaben über die Auswirkungen der Anlage auf Nachbarschaft und Allgemeinheit enthalten, sind für die Dauer von einem Monat öffentlich zu jedermanns Einsicht auszulegen.
12.2.1.3.4.1.3 Beteiligung anderer Behörden
Da die Genehmigungsbehörde bei Erteilung der mit Konzentrationswirkung ausgestatteten Genehmigung auch andere öffentlich-rechtliche Vorschriften zu beachten hat, soll sie sich den Sachverstand der Behörden zunutze machen, deren Aufgabenbereiche von dem Verfahren berührt werden. Sie holt deshalb die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereiche durch das Vorhaben berührt werden. Dies sind insbesondere auch die Wasser- und Naturschutzbehörden.
12.2.1.3.4.1.4 Einwendungen und Präklusion
Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist können Einwendungen gegen das geplante Vorhaben erhoben werden (§ 10 Abs. 3 S. 2 2. HS BImSchG). Einwendungsbefugt ist jedermann. Eine Betroffenheit in einem Recht oder in einem rechtlichen Interesse ist nicht notwendig. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle weiteren Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privat-rechtlichen Titeln beruhen (§ 10 Abs. 3 S. 3, Abs. 6 S. 2 BImSchG). Die nicht rechtzeitig erhobenen Einwendungen werden zum Einen bei der späteren Erörterung im Genehmigungsverfahren nicht berücksichtigt (formelle Präklusion) und zum Anderen können die Betroffenen bei Versäumung der Einwendungsfrist ihre Rechte auch nicht mehr in einem Rechtsbehelfsverfahren – Widerspruch oder Klage – geltend machen (materielle Präklusion).
12.2.1.3.4.1.5 Erörterungstermin
Nach Ablauf der Einwendungsfrist findet der Erörterungstermin statt, in dem die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig erhobenen Einwendungen mit den Einwendern und dem Antragsteller erörtert (§ 10 Abs. 6 BImSchG). Den Beteiligten soll Gelegenheit gegeben werden, ihre Bedenken vorzutragen und mündlich zu erläutern. Der Erörterungstermin ist nicht öffentlich. Einen Rechtsanspruch auf Teilnahme am Erörterungstermin haben lediglich der Antragsteller und diejenigen Personen, die rechtzeitig Einwendung erhoben haben. Nach Abschluss des Erörterungstermins und sobald alle maßgeblichen Umstände ermittelt worden sind, hat die Behörde unverzüglich zu entscheiden (vgl. Jarass, BImSchG, § 10 Nr. 110).
12.2.1.3.4.1.6 Umweltverträglichkeitsprüfung
Soweit für die Errichtung und den Betrieb landwirtschaftlicher Massentierhaltungsanlagen eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen ist, ist diese unselbständiger Teil des Genehmigungsverfahrens (vgl. § 1 Abs. 2 9. BImSchV).
Das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren umfasst dabei die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen sowie der für die Prüfung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bedeutsamen Auswirkungen einer UVP-pflichtigen Anlage auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter, sowie die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern (§ 1a 9. BImSchV). Da die Pflicht zur Prüfung der Umweltverträglichkeit abschließend in das Verfahren nach der 9. BImSchV integriert worden ist, ist insoweit ein Rückgriff auf das Gesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (UVPG) nicht erforderlich.
Für UVP-pflichtige Vorhaben enthalten die §§ 2a, 4e und 21a 9. BImSchV spezielle Vorschriften, mit denen den Vorgaben des UVPG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren Rechnung getragen werden soll. Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschriften ist zunächst, dass eine Anlage UVP-pflichtig ist. Für welche Anlagen im Einzelfall eine UVP durchzuführen ist ergibt sich aus dem Anhang 1 zum UVPG. Generell UVP-pflichtig sind danach die mit einem X in Spalte 1 gekennzeichneten Vorhaben (sh. dazu oben Pkt. 12.2.1.3.2). Die in Spalte 2 mit einem S oder A gekennzeichneten Anlagen sind nur dann UVP-pflichtig, wenn eine allgemeine oder standortbezogene Vorprüfung dies ergeben hat.
Bei einem UVP-pflichtigen Vorhaben beginnt das Verfahren mit der Unterrichtung über die voraussichtlich beizubringenden Unterlagen (§ 2a Abs. 1 S. 1 9. BImSchV). Vor dieser Unterrichtung gibt die Genehmigungsbehörde dem Träger des Vorhabens sowie den nach § 11 zu beteiligenden Behörden Gelegenheit zu einer Besprechung über Art und Umfang der Unterlagen (scoping). Dabei soll sich die Besprechung auch auf Gegenstand, Umfang und Methode der Umweltverträglichkeitsprüfung sowie sonstige für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung erhebliche Fragen erstrecken.
Alsdann sind den Antragsunterlagen zusätzliche Angaben zur Prüfung der Umweltverträglichkeit beizufügen (§ 4e 9. BImSchV). Dazu zählen Unterlagen über die Beschreibung der Umwelt, ihre Bestandteile sowie der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umweltschutzgüter mit Aussagen über die dort erwähnten Wechselwirkungen. Die Unterlagen müssen ferner eine Übersicht über die wichtigsten vom Träger des Vorhabens geprüften technischen Verfahrensalternativen zum Schutz vor und zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkung sowie zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen enthalten (§ 4e Abs. 3 9. BImSchV). Bei der Zusammenstellung der Angaben sind der allgemeine Kenntnisstand und die für die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen allgemein anerkannten Prüfungsschritte und ?methoden zu berücksichtigen. Den Vorhabenträger trifft hier auch eine Hinweispflicht in Bezug auf Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung der Angaben, insbesondere auch auf Schwierigkeiten, die auf fehlende Kenntnisse und Prüfmethoden oder auf technische Lücken beruhen (§ 4e Abs. 4 S. 2 9. BImSchV).
Nach der Prüfung der Antragsunterlagen auf die Vollständigkeit, die öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens und die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange sowie der Auslegung der Antragsunterlagen, der Einwendungen der Öffentlichkeit und der Durchführung des Erörterungstermins ist für UVP-pflichtige Verfahren noch eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen vorzunehmen (§ 20 Abs. 1a 9. BImSchV). Die Genehmigungsbehörde erarbeitet danach auf der Grundlage der beizufügenden Unterlagen, der behördlichen Stellungnahmen der Ergebnisse eigener Ermittlungen sowie der Äußerung und Einwendung Dritter eine zusammenfassende Darstellung der zu erwartenden Auswirkungen des Vorhabens auf die in § 1a genannten Schutzgüter, einschließlich der Wechselwirkung. Die Stellungnahme hat sich auch auf Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Schutzgüter vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht vergleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft zu erstrecken. Die Darstellung ist möglichst innerhalb eines Monats nach Beendigung des Erörterungstermins zu bearbeiten (§ 20 Abs. 1a S. 2 9. BImSchV). Die Genehmigungsbehörde bewertet möglichst innerhalb eines Monats nach Bearbeitung der zusammenfassenden Darstellung auf deren Grundlage und nach den für die Entscheidung maßgeblichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften die Auswirkung des Vorhabens auf die in § 1a genannten Schutzgüter (§ 20 Abs. 1b S. 1 9. BImSchV). Letztlich hat die Genehmigungsbehörde die vorgenommene Bewertung oder Gesamtbewertung bei der Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung der Errichtung einer immissionsschutzrechtlichen Anlage zu berücksichtigen (§ 20 Abs. 1b S. 3 9. BImSchV).
12.2.1.3.4.2 Vereinfachtes Genehmigungsverfahren
Für genehmigungsbedürftige Anlagen der Spalte 2 der 4. BImSchV ist ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchzuführen, wenn die genehmigungsbedürftige Anlage überdies nicht UVP-pflichtig ist. Das vereinfachte Genehmigungsverfahren ist in § 19 BImSchG geregelt. Danach können die in der Spalte 2 der 4. BImSchV normierten Anlagen im vereinfachten Verfahren genehmigt werden, sofern dies nach Art, Ausmaß und Dauer der von diesen Anlagen hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteil und erheblichen Belästigungen mit dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vereinbar ist (§ 19 Abs. 1 S. 1 BImSchG). Für das vereinfachte Verfahren gelten die Vorschriften über die Auslegung, die öffentliche Bekanntmachung, die Öffentlichkeitsbeteiligung und die privatrechtsgestaltende Wirkung der Genehmigung nicht.
12.2.1.3.5 Genehmigungsentscheidung
Sofern der Antrag nicht abgelehnt oder das Verfahren aus anderen Gründen eingestellt wird, endet das Genehmigungsverfahren mit der Genehmigung, die durch schriftlichen Bescheid erteilt und schriftlich begründet wird (Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2. Aufl., München 2000, § 21 Rn. 113). Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von 7 Monaten, im vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von 3 Monaten zu entscheiden (§ 10 Abs. 6a S. 1 BImSchG). Der Genehmigungsbescheid ist dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben zuzustellen (§ 10 Abs. 8 S. 1 BImSchG). Dabei kann die Zustellung bei einer Vielzahl von Einwendern durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden (§ 10 Abs. 8 S. 1 BImSchG).
Bei der Genehmigung handelt es sich um eine Kontrollerlaubnis. Der Antragsteller hat bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung, der im Streitfalle mit Hilfe der Verpflichtungsklage auf Erteilung der Genehmigung durchsetzen kann (Feldhaus, BImSchG, § 6 Anm. 2). Die Genehmigung kann gem. § 12 Abs. 1 BImSchG unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Auch eine Befristung oder ein Widerrufsvorbehalt ist möglich.
Auch eine Teilgenehmigung oder ein Vorbescheid kann beantragt werden.
12.2.1.3.6 Änderung genehmigungsbedürftiger Anlagen
Unwesentliche Änderungen einer genehmigungsbedürftigen Anlage müssen der Behörde nur schriftlich angezeigt werden, wenn sich die Änderung auf in § 1 BImSchG genannte Schutzgüter auswirken kann (§ 15 Abs. 1 S. 1 BImSchG). Wesentliche Änderungen bedürfen nach § 16 Abs. 1 S. 1 BImSchG einer Änderungsgenehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können. Allerdings ist eine Genehmigung dann nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergebenen Anforderungen sichergestellt ist (§ 16 Abs. 1 S. 2 BImSchG).
12.2.1.3.7 Bestandsschutz genehmigter Anlagen
Die Genehmigung berechtigt den Antragsteller zur Errichtung und zum Betrieb der beantragten Anlage und begründet, wenn sie unanfechtbar geworden ist, Bestandschutz, der auf Art. 14 Abs. 1 GG gestützt ist (Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2. Aufl., München 2000, § 21 Rn. 146). Der Bestandschutz geht jedoch nicht soweit, dass der Anlagenbetreiber das Recht hat, die Anlage für alle Zeit in der mit Genehmigung erlaubten Art und Weise zu betreiben. Dem stünden vor allem die sich aus §§ 5, 7 BImSchG gegebenen Grundpflichten entgegen, deren Erfüllung nicht nur Genehmigungsvoraussetzung ist, sondern die den Betreiber als dynamische Dauerpflichten während der gesamten Betriebszeit binden (Jarass, DVBL 1986, 314, 315).
Der Bestandsschutz des Anlagenbetreibers ist insbesondere durch die Möglichkeiten einer nachträglichen Anordnung (§ 17 BImSchG), das Erlöschen der Genehmigung (§ 18 BImSchG), Untersagungs-, Stilllegungs-, und Beseitigungsverfügungen (§ 20 BImSchG) du den Widerruf der Genehmigung (§ 21 BImSchG) erheblich eingeschränkt.
Beim Erlass nachträglicher Anordnungen muss der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck beachtet werden. Diese Grundsätze werden in den Bestandschutz einschränkenden Regelungen im Einzelnen konkretisiert.
12.3 Immissionsschutzgesetze der Länder
Da das Bundesimmissionsschutzgesetz als umfassende und abschließende Regelung des Immissionsschutzes gedacht ist, kommt den gleichwohl existierenden Landesimmissionsschutzgesetzen eine eher untergeordnete Rolle zu. Ein Spielraum ist den Ländern allenfalls für verhaltenslenkende Immissionen oder im Bereich von Smog?Verordnungen geblieben. Länderregelungen bestehen in nachfolgenden Fassungen:
– Bayerisches Immissionsschutzgesetz (BayImSchG) i. d. F. d. Bek. v. 08.10.1974 (GVBl. S. 499), zul. geänd. durch G v. 24.12.2001 (GVBl. S. 999);
– Brandenburgisches Immissionsschutzgesetz (LImSchG) i. d. F. d. Bek. v. 22.07.1999 (GVBl. I S. 386);
– Bremisches Gesetz zum Schutze vor Luftverunreinigungen, Geräuschen und Erschütterungen (Bremisches Immissionsschutzgesetz- BremImSchG) v. 28.05.2002 (GBl. S. 133);
– Nordrhein-westfälisches Gesetz zum Schutz vor Luftverunreinigungen, Geräuschen und ähnlichen Umwelteinwirkungen (Landesimmissionsschutzgesetz ? LImSchG) v. 18.03.1975 (GVBl. S. 232), zul. geänd. durch G. v. 05.09.2001 (GVBl. S. 708);
– Rheinland-Pfälzisches Landesgesetz zum Schutz vor Luftverunreinigungen, Geräuschen und Erschütterungen (Immissionsschutzgesetz – ImSchG) v. 20.12.2000 (GBl. S. 578);
– Sächsisches Ausführungsgesetz zum BImSchG und zum Benzinbleigesetz (SächsAGImSchG) v. 04.07.1994 (GVBl. S. 1281).