Bauplanungsrechtliche Privilegierung gewerblicher Tierhaltung

Das Bundesverwaltungsgericht setzt der Umgehung der Umweltverträglichkeitsprüfung Grenzen.

Grundlage für die Privilegierung landwirtschaftlicher Tierhaltung ist § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Um eine landwirtschaftliche Tierhaltung handelt es sich gem. § 201 BauGB, wenn dem Betrieb ausreichende wirtschaftliche Nutzfläche zur Verfügung steht, um den überwiegenden Futtermittelbedarf der Tiere zu decken. Für eine gewerbliche – also flächenlos betriebene – Tierhaltung ist dagegen § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB heranzuziehen. Im Rahmen der Innenentwicklungsnovelle 2013 hat der Gesetzgeber auf den Trend zu immer größer werdenden Tierhaltungsanlagen reagiert und für solche Beschränkungen eingeführt. Danach ist die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer gewerblichen Tierhaltungsanlage dann nicht im Außenbereich privilegiert zulässig, wenn sie u.a. einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG unterliegt. Das ist dann der Fall, wenn eine bestimmte Zahl von Plätzen in der Tiermastanlage erreicht wird (vgl. Anlage 1 UVPG). Diese Prüfung kann v.a. dann schwierig sein, wenn es um die Errichtung einer neuen Tierhaltungsanlage im räumlichen Zusammenhang mit bereits bestehenden Tierhaltungsanlagen geht und beide Vorhaben zusammen den vom UVPG vorgegebenen Grenzwert überschreiten. Viele Landwirte versuchen über Betriebsaufspaltung dem Privilegierungsverlust zu entgehen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat dem mit seinem Urteil vom 18. 06. 2015 (AZ: 4 C 4/14; vgl. auch Urt. v. 17. 12. 2015 – AZ: 4 C 7/14) enge Grenzen gesetzt.
Die beantragte Intensivtierhaltung sollte nur 140 m entfernt von einer bereits bestehenden Ferkelzuchtanlage mit 700 Tieren errichtet werden, die allerdings von dieser durch eine überörtliche Straße und einem Grünzug getrennt wurde. Der neu hinzutretende Schweinestall allein hatte den Schwellenwert für die Vorprüfungspflicht des UVPG (= 1500 Plätze (Anlage 1 Punkt 7.7.3.)) nicht erreicht, dafür lag der Schwellenwert aber addiert mit den Plätzen der Ferkelzuchtanlage vor. In der Sache ging es also um die Frage, ob bei kumulierendem Überschreiten des Schwellenwertes ein Hineinwachsen in die UVP-Vorprüfungspflicht begründet wird.

Bezogen auf den erforderlichen engen Zusammenhang eines kumulierten Vorhabens stellt das BVerwG auf den gemeinsamen Einwirkungsbereich und auf die betriebliche und bauliche Verbindung der Vorhaben ab. Dies hänge nicht vom äußeren optischen Erscheinungsbild ab. Gestützt auf die funktional-wirtschaftliche Beziehung (Ferkelzucht dient der Schweinemast) und die gemeinsame Trinkwasserleitung hat das Gericht den engen räumlichen Zusammenhang bejaht.

Die Entscheidung des BVerwG trägt dem Bedürfnis Rechnung, eine Umgehung der UVP-Vorprüfungspflicht im Bereich der Massentierhaltung zu verhindern. Die Entscheidung wird Auswirkung auf zahlreiche weitere Genehmigungsverfahren für Tierhaltungsanlagen haben, insbesondere in Gebieten der Intensivtierhaltung wie Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.