Die Grundsätze der Geruchsimmissions-Richtlinie

25% Jahresgeruchsstunden sind im Einzelfall zumutbar

In einer landwirtschaftlich genutzten Gegend muss mit Gerüchen gerechnet werden, die mit der damit verbundenen Tierhaltung entstehen. Der Eigentümer eines Wohnhauses kann also in der Regel nicht verlangen, von damit verbundenen Immissionen verschont zu bleiben (VG Minden Urt. v. 9. 9. 2013 – 11 K 2805/12). Doch ab wann übersteigen Gerüche aus Tierhaltungsanlagen die Grenze des Zumutbaren? Von dieser Frage hängt ab, ob für eine Tiermastanlage überhaupt eine Genehmigung zum Bau erteilt werden kann. Neben den allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen, die in den Landesbauordnungen geregelt sind, spielen immissionsschutzrechtliche Anforderungen insofern eine Rolle, als das Gebot der Rücksichtnahme (§ 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO) und schädliche Umwelteinwirkungen (vgl. § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB) zur Unzulässigkeit eines Vorhabens führen können. In der Rechtsprechung ist mittlerweile anerkannt, dass bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) Bezug zu nehmen ist, unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt worden ist (BVerwGE 1411, 293 = NVwZ 2012, 636 (639).
Die Beurteilung von Geruchsbelästigungen unterscheidet sich erheblich von der Beurteilung anderer Immissionen. Von Bedeutung sind regelmäßig die Häufigkeit, Dauer und der Rhythmus der Geruchsimmission. Im Einzelfall auch die Geruchsqualität (es riecht nach…), die Art der Einwirkungen (angenehm, neutral, unangenehm) und die Intensität (schwach bis stark) sowie unter Umständen auch subjektive Bewertungskriterien wie etwa die Empfindlichkeit der Betroffenen.
In Wohn- und Mischgebieten dürfen Gerüche nicht häufiger als 10%, in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Dorfgebieten nicht häufiger als 15% der Jahresgesamtzeit für die Anwohner wahrnehmbar sein. Bei Gerüchen aus Tierhaltungsanlagen im Außenbereich sind im Einzelfall sogar 25% Jahresgeruchsstunden zulässig (OVG Münster, Urt. v. 01. 06. 2015 – 8 A 1577/14). Solche Gerüche werden von der ländlichen Bevölkerung generell toleriert, weil sie zum Landleben dazugehören (so in etwa auch BVerwG, Urt. v. 14. 01. 1993, BauR 1993, 445 = ZfBR 1993, 243).

Die Rechtsprechung tendiert dazu, die Zulassungsanforderungen zunehmend restriktiv zu handhaben. So wurde ein Wert von 25% Jahresgeruchsstunden früher noch als Ausgangspunkt für die Bewertung der Zumutbarkeit unbeteiligter Wohngebäude im Außenbereich angenommen, der z.T. auch deutlich überschritten werden konnte (OVG Münster, Beschl. v. 25.11.2008 – 8 A 2739/07; OVG Münster, Beschl. v. 16.3.2009 – 10 A 259/08; Arnold, BauR 2010, 411 (412 ff.)). Das OVG Münster betrachtet diesen Grenzwert nun im Urteil vom 01. 06. 2015 als „olfaktorische Schallmauer“, die nur in ganz besonderen Ausnahmefällen überschritten werden dürfe (OVG Münster, Urt. v. 22.5.2015 – 8 B 1029/14).