Privilegierte Stallvorhaben im Außenbereich

Wie viel Futtergrundlage ist nötig?

Ein Vorhaben ist im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB).
Danach, so sollte man meinen, sind Stallneubauten im baurechtlichen Außenbereich, die zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden, unproblematisch möglich. Zu Streitigkeiten kommt es jedoch in letzter Zeit immer wieder, weil Baugenehmigungsbehörden landwirtschaftlichen Bauvorhaben, insbesondere Stallbauten die Privilegierung absprechen. So sollen die Vorraussetzungen für eine Privilegierung im Außenbereich unter Anderem nicht gegeben sein, wenn ein Betrieb keine geeigneten Lagerkapazitäten nachweisen kann, um die eigenerzeugten Futtermittel zu lagern oder wenn nach der im Bauantragsverfahren vorgelegten betrieblichen Beschreibung nicht nachvollziehbar ist, dass die Aufbereitung der angebauten Feldfrüchte zu Futterzwecken vorgesehen ist. Diese Anforderungen gehen letztlich auf eine geänderte Rechtsauffassung im Landesministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport zurück. Dies hatte in einem ähnlich gelagerten Fall die Baugenehmigungsbehörde sogar angewiesen, einen Bauvorbescheid zurückzunehmen, weil der Bauherr im Verfahren nicht nachgewiesen habe, dass er die für die geplante Putenaufzuchtanlage erforderliche Futtergrundlage in seinem landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb zu 100 % erwirtschafte. Bislang war für den Nachweis der überwiegend eigenen Futtergrundlage des landwirtschaftlichen Betriebes ausreichend, dass mehr als 50 % des Futters im Betrieb angebaut wurde. Davon will das Landesministerium jetzt abweichen.

Ich halte die geänderte Rechtsauffassung des Landesministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Wesfalen nicht für sachgerecht. Hintergrund der Privilegierung von Außenbereichsvorhaben ist nämlich, dass land- und forstwirtschaftliche Betriebe in der Regel nur im Außenbereich errichtet nur betrieben werden können. Will man ihnen eine Privilegierung im Außenbereich durch überzogenen Anforderungen im Hinblick auf die eigenerzeugte Futtergrundlage absprechen, so ist gleichwohl zu berücksichtigen, dass landwirtschaftliche Stallbauten auch die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Einzelfall für sich beanspruchen könnten. Danach sind Vorhaben im Außenbereich nämlich auch dann zulässig, wenn es wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll. Auch unter diesem Aspekt wird man wohl Stallvorhaben, die landwirtschaftlichen Betrieben dienen, im Außenbereich für zulässig halten müssen.

Auf eine Anfrage hin bestätigte auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, dass eine Mastbetrieb dann als einem landwirtschaftlichen Betrieb dienend im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB angesehen werden müsse, wenn die Tiere durchgängig überwiegend, d. h. zu mehr als der Hälfte, mit Futter gefüttert würden, das im eigenen Betrieb erzeugt worden ist. Ob dies vorliege, sei eine Frage des Einzelfalls.

Landwirte, die die bauliche Erweiterung ihrer Hofstelle um Stallgebäude planen, sind gut beraten, sich im Baugenehmigungsverfahren gegen die überzogenen Anforderungen hinsichtlich der Privilegierung ihres Vorhabens zu Wehr zu setzen.