Im Rahmen der Energiewende kommt es derzeit bundesweit zur Planung von Vorhaben des Netzausbaus, insbesondere von Energieleitungsvorhaben (Trassenplanung). Vorarbeiten der Planfeststellung bzw. dahingehende Duldungsanordnungen gegen den Eigentümer des Grundstücks nach § 44 EnWG unterliegen jedoch rechtlichen Grenzen, die die Bundesnetzagentur (BNetzA) bei entsprechenden Anträgen des Vorhabenträgers zu beachten hat.
Zur Durchführung von Vorarbeiten zur Planfeststellung ermöglicht § 44 Abs. 2 S. 2 EnWG u.a. Vermessungen, Boden-, Grundwasser- und Kartierungen zum Artenschutz sowie bauvorbereitende Maßnahmen. Die Planfeststellungsbehörde kann auf Antrag des Vorhabenträgers eine Duldungsanordnung gegen Grundstückseigentümer erlassen, wenn diese den Zutritt zu ihren Grundstücken verweigern. Damit können Vorarbeiten der Planfeststellung auch gegen den Willen der Eigentümer durchgeführt werden (vgl. BT-Drs. 15/5268 S. 122; BVerwG, Beschl. v. 01. April 1999 – 4 VR 4.99 –, juris Rn. 10 zu § 16a FStrG; ferner Hermes, in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 3. Aufl. 2015, § 44 Rn. 2). Die Duldungsanordnung ist nach § 44 Abs. 4 S. 1 EnWG sofort vollziehbar, d.h. vom Eigentümer zwingend zu beachten, es sei denn, er wendet sich im Eilrechtsschutz an das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG).
Von Vorarbeiten zur Planfeststellung betroffen sind insbesondere Grundstückseigentümer, die die Maßnahmen zur Vorbereitung der Planung und der anschließenden Baudurchführung von solchen Vorhaben auf ihrem Grundstück zu dulden haben (Duldungspflicht für grundstücksbezogene Vorarbeiten der Planfeststellung).
Weitere Betroffene sind sonstige Nutzungsberechtigte, d.h. Inhaber von dinglichen Rechten (wie z.B. Erbbauberechtigte, Dienstbarkeitsberechtigte, Nießbraucher), aber auch Inhaber von schuldrechtlichen Nutzungsrechten (wie z.B. Mieter, Pächter).
Entsprechende Maßnahmen müssen von den Eigentümern der Grundstücke (nur dann) geduldet werden, wenn sie notwendig sind, d.h. wenn sie „zur Ermittlung der Planungsgrundlagen erforderlich und verhältnismäßig sind“ (BVerwG, Beschl. v. 17. Februar 2020, – 4 VR 1/20 –, juris Rn. 21). Das gilt umso mehr, je stärker die Maßnahmen in das Eigentum am Grundstück nach Art. 14 Abs. 1 GG eingreifen (BVerwG, Beschl. v. 07. August 2002 – 4 VR 9.02 –, Buchholz 407.4 § 16a FStrG Nr. 1 S. 3).
Mögliche Einwendungen des Eigentümers bzw. sonstigen Nutzungsberechtigten gegen die Duldung solcher Maßnahmen können sein:
- Ungeeignetheit der Grundstücke im Rahmen der Standort- bzw. Trassenfindung (einschl. Aufzeigen geeigneterer Alternativen);
- Fehlende Notwendigkeit der Untersuchung. Notwendig sind ausschließlich Maßnahmen, durch die Informationen zum Planungsgebiet gewonnen oder verifiziert werden sollen [(-), wenn kein Informationsdefizit beseitigt wird];
- Fehlender sachlicher und/oder zeitlicher Zusammenhang der Vorarbeiten zum Zulassungsverfahren;
- Fehlen des Untersuchungscharakters der Maßnahmen: bspw., wenn die Maßnahmen bereits zur Bauausführung bzw. Vorhabenrealisierung gehören;
- Unverhältnismäßig Eingriffe oder Auswirkungen des Vorhabens auf Schutzgüter der Allgemeinheit bzw. auf betroffene Dritte;
- Unzulässige (beabsichtigte) Unterhaltungsmaßnahmen für den Betrieb der Energieanlage bei Fehlen von Leitungs- und Wegerechten;
- Verfassungsrechtlich nicht zulässiger Zugang zu einer Wohnung;
- Überschreitung der Grenze der Eingriffsintensität bei Bodeneingriffen (bodenschonend), da Flurschäden jedenfalls auf das Unvermeidbare zu beschränken sind;
- Erlaubnispflichtige Boden- und Grundwasseruntersuchungen.
Rechtsschutz gegen Vorarbeiten der Planfeststellung steht betroffenen Eigentümern und sonstigen Nutzungsberechtigten, insbesondere vielfach Landwirten, zu. Hier ist allerdings in der Regel anwaltlicher Rat erforderlich.
Lesen Sie unter § 44 EnWG: Teilerfolg vor dem Bundesverwaltungsgericht – Dr. Kauch auch unseren Artikel zum Teilerfolg im Eilrechtschutzverfahren vor dem BVerwG zu § 44 EnWG und folgen Sie uns für weitere aktuelle Informationen auf LinkedIn unter Dr. Kauch & Ibrom Rechtsanwälte.
28.11.2024 Dr. Kauch / Ibrom