Wachsender Unmut der Landwirte über Agrarpaket

Stiller Protest durch Aktion Grüne Kreuze

Das von der Bundesregierung beschlossene Agrarpaket sorgt zunehmend für Empörung unter den Landwirten. Mit grünen Mahnkreuzen auf ihren Felder und Wiesen weisen die Landwirte deutschlandweit auf ihre prekäre Lage hin.

In der Sommerpause haben sich die Agrarministerin Julia Klöckner und die Umweltministerin Svenja Schulze auf Maßnahmen für mehr Umwelt- und Tierschutz geeinigt. Dies geschah auch wegen des wachsenden Drucks, Ökologie und Ökonomie zusammenzubringen und ein Konzept für zukunftsorientierte Landwirtschaft unter Berücksichtigung des Umwelt- und Tierschutzes zu entwickeln. Am 04.09.2019 billigte das Bundeskabinett das Agrarpaket.

Dieses soll aus drei Teilen bestehen: dem Aktionsprogramm Insektenschutz, dem Tierwohllabel und der Umschichtung der Agrarförderung hin mehr zum Umweltschutz. Nicht nur bei den Landwirten, sondern mittlerweile auch im Bundestag herrscht ein offener Streit über die im Paket enthaltenen Maßnahmen.

Das Agrarpaket enthält aus Sicht der Landwirte eine unnötige Auflagenflut, weitere Bürokratiemaßnahmen, Dumpingpreise, ungebremsten Flächenverbrauch und eine unfaire Handelspolitik. Derartige Maßnahmen erschweren die bisher praktizierte Form der traditionellen Landwirtschaft, sie seien erdrückend und schwer realisierbar ohne konkrete Alternativen. Im Kern sehen die Landwirte gerade die bäuerlichen Familienbetriebe auf Dauer gefährdet und bangen um deren Zukunft. Der RLV berichtete, dass die Fassungslosigkeit der Landwirte sowohl in den sozialen Netzwerken als auch auf Versammlungen deutlich zum Ausdruck gebracht werde.

Vor allem das dreistufige Tierwohllabel gerät dabei in die Kritik. Dieses soll einen Nachweis darüber erbringen, ob zunächst Schweine (dann auch Rinder und Geflügel) von ihrer Aufzucht bis zur Schlachtung besser behandelt worden sind, als gesetzlich vorgeschrieben. Das Tierwohllabel ist als freiwillige Lösung und Unterstützung der Landwirte ausgestaltet. Ein Großteil des Bundestages (insb. SPD, CDU und Grüne) steht der freiwilligen Lösung kritisch gegenüber und will sich für ein verpflichtendes Tierwohllabel einsetzen.

Gerade im Hinblick auf die angekündigte Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln um 75 % würden von den beiden Ministerinnen keine Alternativen aufgezeigt, so eine weitere Kritik. Das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat soll ab 2023 nicht mehr auf die Felder getragen werden dürfen, mit einer Verlängerung rechnet Agrarministerin Klöckner nicht. Das Aktionsprogramm Insektenschutz verpflichtet die Landwirte des Weiteren Rückzugsflächen für Insekten zu schaffen. Auch eine Biotoperweiterung um „artenreiches Grünland“ und „Streuobstwiesen“ ist vorgesehen. Zur Förderung des Insektenschutzes sind vom Bund 50 Millionen Euro vorgesehen. Der Einsatz von Herbiziden und biodiversitätsschädigenden Insektiziden ist in solchen Gebieten gänzlich untersagt. Der Bauernbund Brandenburg bezeichnete das Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten als eklatanten Vertrauensbruch gegenüber der Landwirtschaft. Dieses käme enteignungsgleichen Auflagen gleich und könne nicht entschädigungslos hingenommen werden, zumal die großzügige Ausdehnung der Schutzgebiete in landwirtschaftliche Flächen seit Jahren als unverbindliche Fachplanung gerechtfertigt werde. Für die Landwirte könne es keine Einschränkung der Bewirtschaftung ohne Entschädigung geben.

Auch die von der Bundesregierung vorgesehene Umschichtung der Fördergelder für die Landwirte sorgt bei diesen für Unmut. Bisher bekommen Landwirte Förderungen aus zwei Töpfen: zum einen erhält jeder Landwirt aus der sog. ersten Säule eine Direktzahlung, die an die Fläche gebunden ist. Zum anderen werden Natur- und Tierschutzanstrengungen aus einer zweiten Säule belohnt. Die Umschichtung der Fördergelder sieht eine höhere Honorierung – von derzeitigen 4,5 auf 6 % (ca. 75 Millionen Euro) – der Natur- und Tierschutzanstrengungen aus der zweiten Säule vor. Den Landwirten geht dadurch eine direkte Unterstützung von 4,50 € pro Hektar als Direktauszahlung verloren.

Auch einen 5 Meter breiten Gewässerrandstreifen zur dauerhaften Begrünung der Gewässer halten die Landwirte für nicht realisierbar. Eine Entschädigung dafür sowie für sinkende Erträge wegen der massiven Einschränkung des Pflanzenschutzes sei nicht vorgesehen, aber dringend notwendig. Die Debatte um das Agrarpaket bleibt weiter hitzig.