Was ist eigentlich ein In-Camera-Verfahren?

Häufig geraten gentechnische Anlagen, in denen Arbeiten der Sicherheitsstufe 3 durchgeführt werden sollen, Freisetzungen oder Inverkehrbringensgenehmigungen in Streit. Zunehmend geht es dabei auch um die Fragen tierschutzrechtlicher Genehmigungen oder etwa um Zulassungen nach dem Arzneimittelgesetz. Rufen in diesen Fällen Dritte, etwa Nachbarn oder Umweltverbände, die Gerichte an, so wird das In-Camera-Verfahren bedeutsam. In-Camera-Verfahren steht dabei für „in der Kammer“ (=Gericht), d.h. geheim. Hat nämlich der Betreiber bei der Antragstellung gegenüber der Behörde darauf geachtet, dass personenbezogene Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse entsprechend kenntlich gemacht worden sind, damit sie Dritten im Rahmen der Akteneinsicht gerade nicht zugänglich gemacht werden können, gilt es zu verhindern, dass diese Angaben im gerichtlichen Verfahren offenbart werden. Dies ist Aufgabe des In-Camera-Verfahrens. Die Behörde prüft für den Betreiber der Anlage bei der Vorlage der Akten an das Gericht, welche Akten denn im Verhältnis zu den Nachbarn oder Umweltverbänden an das Gericht weitergereicht werden können. Hält es die Akten und die eingereichten Unterlagen für sensibel, so kann es die Weiterreichung an das Gericht ablehnen (§ 99 Abs. 1 S. 2 VwGO). In diesem Fall muss der betroffene Dritte das Gericht im Rahmen des In-Camera-Verfahrens bitten, die Unterlagen gleichwohl beizuziehen und zu prüfen, ob ihr Inhalt nicht doch weitergereicht werden muss.
Einen solchen Fall hatte im November 2013 das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen (OVG) (14 PS 3/13) zu entscheiden. Im konkreten Fall haben die Parteien über eine Freisetzungsgenehmigung gestritten, bei der in der Verwaltungsakte maßgebliche Unterlagen (ein Studienbericht und ein Sequenzbericht) gesperrt worden waren, um die Konkurrenz nicht ggf. mit wissenschaftlichen Erkenntnissen stark zu machen. Die Behörde hatte konsequenterweise die Weitergabe der Unterlagen verweigert, der Betroffene zunächst einen Antrag beim Verwaltungsgericht Braunschweig gestellt. Nachdem das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt hatte, hat der Antragsteller das OVG angerufen. In seiner Entscheidung hat das OVG die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt und den Anspruch des Betreibers auf Geheimhaltung seiner Daten bejaht. Diese seien im konkreten Fall nicht beweiserheblich, so das OVG.
In Zukunft wird es in Nordrhein-Westfalen, wo den Tierschutzverbänden ein eigenes Klagerecht eingeräumt worden ist, zunehmend auch zu solchen In-Camera-Verfahren kommen. Dies insbesondere dann, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse, Namen von Gutachtern oder Mitarbeiter und weitere geheimhaltungsbedürftige Daten aus dem Forschungs- oder Produktionsbereich (Beispiel: Formel für ein amerikanisches braunes koffeinhaltiges Softgetränk) geschützt werden müssen.

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