Bundesfachplanung – Gestuftes Verfahren nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG)

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat die Rechtsschutzkonzentration für die Bundesfachplanung gebilligt und für verfassungs- sowie unionsrechtlich zulässig erklärt (Beschl. v. 24.03.2021 – 4 VR 2.20 -, juris). Nach Ansicht des BVerwG ist der Ausschluss von direktem Rechtsschutz zu Instanzgerichten gegen Entscheidungen über die Bundesfachplanung in § 15 Abs. 3 S. 2 verfassungsgemäß und verstößt auch nicht gegen das Völker- und Unionsrecht.

Das BVerwG begründete seine Entscheidung damit, dass es der Bundesfachplanungsentscheidung gem. § 15 Abs. 3 S. 1 NABEG an einer unmittelbaren Außenwirkung fehle, da diese insbesondere keinen Verwaltungsakt i.S.v. § 35 VwVfG i.V.m. §§ 80, 80a VwGO darstellt. Darüber hinaus stehe einer Sachentscheidung jedenfalls der in § 15 Abs. 3 S. 2 NABEG geregelte Ausschluss direkten Rechtsschutzes gegen die Bundesfachplanungsentscheidung entgegen. Damit kann die Entscheidung der Bundesnetzagentur über die Bundesfachplanung ausschließlich im Rahmen Rechtsbehelfsverfahren gegen die Zulassungsentscheidung für die jeweilige Ausbaumaßnahme überprüft werden. Rechtsbehelfe, die sich isoliert gegen die Bundesfachplanung als prozessualen Streitgegenstand wenden, sind von vornherein unzulässig. Der Ausschluss betrifft dabei sowohl Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als auch Hauptsacheverfahren, erstreckt sich auf Verfahren und Individualklägern gleichermaßen wie auf Klagen kommunaler Gebietskörperschaften. In gleicher Weise gilt der Ausschluss gem. § 1 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Umweltverbänden nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG).

Der Planungsprozess nach § 15 Abs. 3 NABEG ist nach der Konzeption des Gesetzgebers und auch der Bestätigung des BVerwG als gestuftes Verfahren ausgestaltet:

  • Stufe 1: Bedarfsplanung durch den Gesetzgeber
  • Stufe 2: Bundesfachplanung durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) als vollziehende Gewalt nach §§ 4 ff. NABEG; Abschluss mit der Entscheidung der BNetzA nach § 12 NABEG. Durch die Bundesfachplanung werden insbesondere Trassenkorridore bestimmt (vgl. § 4 S. 1 und § 5 Abs. 1 NABEG), also Gebietsstreifen in der Regel zwischen 500 m und 1000 m Breite, in denen die Trasse der Stromleitung verläuft (vgl. § 3 Nr. 7 NABEG). Die Bundesfachplanungsentscheidung hat zwar keine unmittelbare Außenwirkung, da sie das Vorhaben als solches noch nicht zulässt (keine Gestattungs- bzw. Legalisierungswirkung), ist aber im Verhältnis zur nachfolgenden Landesplanung und zur Bauleitplanung grundsätzlich vorrangig (§ 15 Abs. 1 S. 2 NABEG).
  • Stufe 3: Planfeststellungsverfahren nach §§ 18 ff. NABEG.

Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens ist die Bundesfachplanungsentscheidung der zweiten Stufe verbindlich (§ 15 Abs. 1 Satz 1 NABEG) und kann nach § 15 Abs. 3 S. 2 NABEG im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die Zulassungsentscheidung für die jeweilige Ausbaumaßnahme im Planfeststellungsverfahren inzidenter in Bezug auf die Einzelfallmaßnahme überprüft werden.

Fazit

An die Rechtsschutzkonzentration im Rahmen des NABEG ist bei Zulassungsentscheidung stets zu denken. Insbesondere bei Trassenkorridoren mit einer Breite von 500 bis 1000 m können wesentliche Teile eines Gemeindegebiets von der Bundesfachplanung betroffen sein, sodass für Planbetroffene eine Überprüfung dieser inzidenter im Rahmen der Zulassungsentscheidung ermöglicht werden muss. Im Planfeststellungsverfahren können möglicherweise Alternativflächen für den Trassenverlauf eingewandt werden. Auch Verfahrensfehler, vor allem mit Blick auf die nach § 5 Abs. 7 NABEG durchzuführende Strategische Umweltprüfung (SUP) sowie die darauf bezogenen Beteiligungsrechte von anerkannten Umweltvereinigungen, und Verstöße der Bundesfachplanungsentscheidung gegen materielles Umweltrecht sind im Rahmen der Zulassungsentscheidung inzidenter überprüfbar.

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04.12.2024 Dr. Petra Kauch / Katrin Ibrom