Gerüche aus eigener Tierhaltung sind bei der Berechnung des Immissionswertes nicht zu berücksichtigen

Ein Landwirt, der auf seinem Hof 350 Legehennen hält, hatte sich gegen die Errichtung und den Betrieb einer Schweinemastanlage mit 2412 Mastschweinplätzen auf dem benachbarten Grundstück gewendet. Nach seiner Auffassung drohe v.a. eine erhebliche Belästigung durch Geruchsimmissionen. Seine Klage hatte zunächst vor dem VG Düsseldorf Erfolg (Urt. v. 10. 03. 2015 – 3 K 9246/12), wurde dann aber vom OVG Münster (Urt. v. 10. 11. 2015 – 8 A 1031/15), bestätigt durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Beschl. v. 31. 01. 2017 – 7 B 2.16), abgewiesen.

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass durch Immissionen herbeigeführte Belästigungen dann erheblich i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind, wenn sie dem davon Betroffenen nicht zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 21. 05. 1976 – 4 C 80.74; Urt. v. 11. 02. 1977 – 4 C 9.75 – Buchholz 406.25 § 4 BImSchG Nr. 2 S. 8 f.). Die Zumutbarkeit bestimmt sich u.a. nach der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der jeweils betroffenen Rechtsgüter. Hierfür sind auch evtl. einzustellende Vorbelastungen (BVerwG, Urt. v. 23. 05. 1991 – 7 C 19.90) von Belang. Zur Orientierung wird dabei auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) zurückgegriffen. Sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten Sachverständigengutachten haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07. 05. 2007 – 4 B 5.07 –, BauR 2007, 1454 = juris; OVG NRW, Urt. v. 20. 09. 2007 – 7A 1434/06 –, BauR 2008, 71 = juris und v. 01. 06. 2015 – 1760/13 –, juris).
Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand v. a. die Frage, ob die Gerüche aus eigener Tierhaltung bei der Ermittlung der Vorbelastung zu berücksichtigen sind. Dies hatte das VG Düsseldorf zunächst angenommen, wurde vom OVG Münster aber korrigiert. Auf dieser Grundlage ergab sich, dass die Geruchsbelästigung jedenfalls unter dem für den Außenbereich geltenden Grenzwert von 15% der Jahresgeruchsstunden bleibt. Würde die Eigenbelastung dazugerechnet werden, könne nämlich jeder Landwirt durch seine eigene Tierhaltung den Bau eines Stalles in der Nachbarschaft verhindern. Es liege weiterhin selbst in der Hand der Landwirte, durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder etwa der Verbesserung der Ablufttechnik, die eigene Geruchsbelastung zu verringern (OVG Münster, Urt. v. 10. 11. 2015 – 8 A 1031/15).

Dieses Urteil ist zu begrüßen. Gerüche aus eigener Tierhaltung werden eher hingenommen als Gerüche aus fremder Tierhaltung, obwohl diese selbst den zulässigen Immissionswert (nahezu) überschreiten. Unter Einrechnung der Eigenbelastung werden mitunter 50% bis 80 % Jahresgeruchsstunden auf den Höfen erreicht. Landwirte, die zumindest in der Vergangenheit selbst zur Geruchsbelästigung beigetragen haben, können daher – selbst, wenn mittlerweile Mieter auf ihren Hof wohnen – auch keine erhöhten Schutzabstände für ihre Höfe einfordern (8 A 1760/13, 8 A 1487/14, 8 A 1577/14).

Zu den Grundsätzen der GIRL: https://dr-kauch.de/die-grundsaetze-der-geruchsimmissions-richtlinie/