Drei Landwirte aus Nordrhein-Westfalen haben vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen eine Erdverkabelung geklagt. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 08.01.25 die Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für einen Abschnitt der 380-kV-Höchstspannungsleitung von Wehrendorf nach Gütersloh im Bereich der Stadt Borgholzhausen abgewiesen. Die Urteilsgründe stehen noch aus.
Sachverhalt
Die Kläger sind Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Grundstücke. Etwa zwei Kilometer der Leitung verlaufen über ihre Grundstücke. Sie wandten sich gegen die Führung der Leitung als Erdkabel auf ihren Flächen und zogen vor das Bundesverwaltungsgericht, das in solchen Verfahren als einzige Instanz zuständig ist. Sie fürchteten insbesondere eine nachhaltige Schädigung des landwirtschaftlich genutzten Bodens. Die geplanten Leitungen sind Teil eines laufenden Pilotprojektes, um den Einsatz von Erdkabeln auf der Höchstspannungsebene im Übertragungsnetz zu testen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Gericht begründet seine Entscheidung mit dem gesetzlich verankerten Vorrang der Erdverkabelung. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) dürfen Abschnitte der Gesamtleitung von Wehrendorf nach Gütersloh als Erdkabel errichtet und betrieben werden. Die Auslösekriterien des § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 EnLAG seien erfüllt, weil sich die Leitung östlich der Stadt Borgholzhausen weniger als 400 m an Wohnbebauung im Innenbereich und weniger als 200 m an Wohnbebauung im Außenbereich annähere. Seien Wohngebäude betroffen, schütze die Führung als Erdkabel das Wohnumfeld vieler Wohngebäude, die sich in einem Abstand von weniger als 400 Metern zur Bestandstrasse befänden und bei einem Neubau als Freileitung durch höhere Masten stärker als bisher belastet würden, so das Gericht. Ausreichend sei auch, dass die Vorhabenträger ein Erdkabel geplant hätten und sich die Planfeststellungsbehörde diese Planung abwägend zu eigen gemacht habe.
Auch dem Bodenschutz und den Interessen der Landwirtschaft werde ausreichend Rechnung getragen. Der Gesetzgeber erlaube die Führung von Höchstspannungsleitungen als Erdkabel und gebe damit zu erkennen, dass er vorübergehende Schädigungen des Bodens durch Bauarbeiten grundsätzlich für hinnehmbar erachte. Ein Bodenschutzkonzept für das geplante Vorhaben stelle ausreichend sicher, dass die Böden nach der Bauphase sowohl in ihrer Struktur als auch in ihren Funktionen weitgehend wiederhergestellt werden könnten. Dies gelte auch für die hydrologischen Eigenschaften nahe dem Ursprungszustand. Die Gefahren einer Bodenerwärmung durch die Erdverkabelung schätzte das BVerwG als eher gering ein. Nach Abschluss der Baumaßnahmen könnten die Flächen wieder bewirtschaftet werden; ausgeschlossen sei ausschließlich Vegetation, die tiefer als 1,10 m wurzele. Mögliche Unsicherheiten seien für die Kläger/Landwirte zumutbar, da sie im Rahmen der vom Gesetz angestrebten Erprobung unvermeidbar seien und der Planfeststellungsbeschluss insoweit Entschädigungsansprüche der Landwirte regele.
Die Kläger hatten auch gerügt, dass eine Entschädigung der Grundstücksbesitzenden unabhängig davon erfolgen müsse, ob eine Leitung als Freileitung oder als Erdkabel verlegt werde.
Ausblick
Das BVerwG trägt in erster Linie dem gesetzlich verankerten Vorrang der Erdverkabelung Rechnung.
Einige Annahmen im Urteil dürften aus Praxissicht jedoch mit Vorsicht zu betrachten sein: Ausweislich eines in der Ausgabe 2/2021 erschienenen Artikels der Top Agrar wurzeln etwa Weizen, Raps und Zuckerrübe tiefer als 1,10 m. Dies zeigt, dass die jeweilige Betroffenheit des Landwirts durch eine Erdverkabelung im Einzelfall geprüft werden muss.
Wegweisend auch für Freileitungen?
Das Urteil des BVerwG dürfte auch keine „Vorwegnahme“ einer Entscheidung zum Umgang mit geplanten Freileitungen – bspw. der 380-kV-Höchstspannungsfreileitung von Westerkappeln nach Gersteinwerk, die sich derzeit in der Raumverträglichkeitsprüfung befindet – sein, da Freileitungen unter anderen Kriterien, insbesondere mit Blick auf mögliche Gesundheitsgefahren, zu beurteilen sind. Dies dürfte insbesondere für die vom BVerwG bei Erdkabeln angenommene Abstandsregelung an Wohnbebauung gelten. Auch Änderungen zunächst geplanter Freileitungen auf eine Erdverkabelung im Planungsverlauf bleiben durchaus möglich. Die in Rede stehende Leitung war zuvor auch als Freileitung geplant, wurde jedoch im Planungsverfahren in eine Erdverkabelung umgeplant. Eine Planungsänderung setzt jedoch ggf. eine Gesetzänderung des EnLAG voraus, da dort die Art der Leitung durch den Gesetzgeber festgelegt wird.
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09.01.2025 Dr. Petra Kauch / Katrin Ibrom